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Moderater Alkoholkonsum schützt nicht unbedingt vor einem Schlaganfall [301]

Erbgutbasierte Analysen bestätigen nicht, dass ein moderater Alkoholkonsum zwangsläufig davor schützt, einen Schlaganfall zu erleiden. Dies berichtet das Journal The Lancet mit dem Verweis auf aktuelle Studienergebnisse aus China (1). Wissenschaftler aus Peking und aus Oxford fanden heraus, dass mit der Menge des verzehrten Alkohols die Gefahr für Hirnblutungen und Schlaganfälle fortlaufend ansteigt. Ihre Aussagen stützen sich hauptsächlich auf Daten von rund 160.000 erwachsenen Chinesen, die Alkohol genetisch bedingt nur in geringem Maße vertragen.

Ein geringer Alkoholkonsum könne daher nicht ursächlich dafür verantwortlich sein, dass beispielsweise in Westeuropa und den USA lebensstilbedingt weniger Schlaganfälle auftreten, so das Fazit der Experten. Sie raten auf Grundlage dessen davon ab, aus gesundheitlichen Gründen zum Alkohol zu greifen.


Wissenschaftliche Details

Viele umfangreiche Beobachtungsstudien belegen, dass Herzinfarkte und Schlaganfälle seltener auftreten, wenn Alkohol in geringen Mengen konsumiert und nicht völlig weggelassen wird (2). Eine auf Genanalysen beruhende Studie bei Alkohol trinkenden Chinesen hat diese Einschätzung jedoch nicht bestätigt (1).

Ostasiaten tragen zum überwiegenden Teil Genmutationen wie ALDH2-rs671 und ADH1B-rs1229984, die den Alkoholstoffwechsel beeinflussen. Erstere beschleunigt die Umwandlung von Alkohol in Acetaldehyd, letztere verlangsamt dessen Abbau. Beide Varianten führen dazu, dass Alkohol weniger gut vertragen wird. Analysen zur Auswirkung des Alkoholkonsums auf die Herz- und Gefäßgesundheit sind bei den Betroffenen besonders aufschlussreich.

Wissenschaftler aus Peking und Oxford identifizierten in der chinesischen Kadoorie-Biodatenbank unter 512.715 Erwachsenen 161.498 Träger beider Erbgutvarianten. Diese Probanden unterteilten sie je nach wöchentlichem Alkoholkonsum in Untergruppen. Die Forscher konnten in einem Abgleich der Gesundheitsdaten und des Trinkverhaltens über 10 Jahre hinweg nachweisen, dass mit zunehmender Alkoholmenge sowohl die Gefahr für Hirnblutungen als auch für Schlaganfälle fortlaufend anstieg. So nahm mit je vier Drinks mehr pro Tag (entsprechen 280 g Alkohol pro Woche) das Risiko für einen ischämischen Schlaganfall um bis zu 27 % und für intrazerebrale Blutungen um bis zu 58 % zu. Außerdem erhöhte Alkohol den Blutdruck, und zwar um 4,8 mmHg pro durchschnittlich 280 g wöchentlich verzehrtem Alkohol. Auswirkungen von Alkoholkonsum auf die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt zu erleiden, wurden nicht registriert. Ebenso lagen keine entsprechenden Hochrechnungen für Frauen vor, weil Chinesinnen kulturbedingt nur sehr selten Alkohol trinken.

Alkohol dürfte nicht ursächlich vor den Schlaganfall schützen, so das Resümee der Wissenschaftler. Sie empfehlen Untersuchungen, die vor allem die starken Schwankungen des Alkoholkonsums im gesamten Lebensverlauf berücksichtigen, um präzisere Aussagen zur Hirngesundheit treffen zu können. Es gilt allerdings zu beachten, dass die untersuchten Chinesen keinen gewöhnlichen Alkoholstoffwechsel hatten. Dies könnte zum Teil erklären, wieso in der Studie keine protektive Wirkweise eines Alkoholkonsums auf die untersuchten Herz-Kreislauf-Erkrankungen nachgewiesen werden konnte. Auch scheint die Art des zugeführten alkoholischen Getränks ausschlaggebend zu sein: Während die Probanden in der angeführten Studie vor allem Spirituosen tranken, ist der protektive Effekt von Alkohol auf das Herz vor allem bei Rotweintrinkern nachgewiesen (3;4).


Zum Weiterlesen

(1) I.Y. Milwood et al. (2019): Conventional and genetic evidence on alcohol and vascular disease aetiology: a prospective study of 500 000 men and women in China. In: The Lancet, Vol. 393, Nr. 10183, S. 1831-1842. Online unter https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(18)31772-0/fulltext

(2) A.M. Wood et al. (2018): Risk thresholds for alcohol consumption: combined analysis of individual-participant data for 599 912 current drinkers in 83 prospective studies. In: The Lancet, Vol. 391, Nr. 10129, S. 1513-1523. Online unter https://doi.org/10.1016/S0140-6736(18)30134-X

(3) L. Van Horn et al. (2016): Recommended Dietary Pattern to Achieve Adherence to the American Heart Association/American College of Cardiology (AHA/ACC) Guidelines: A Scientific Statement From the American Heart Association. In: Circulation, Vol. 134, S. 00-00. Online unter https://www.ahajournals.org/doi/full/10.1161/CIR.0000000000000462

(4) L. Liberale et al. (2017): Impact of Red Wine Consumption on Cardiovascular Health. In: Current Medicinal Chemistry. Online-Veröffentlichung. Online unter https://www.researchgate.net/publication/317034060_Impact_of_Red_Wine_Consumption_on_Cardiovascular_Health

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