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Die Lebensmittelversorgung des Großvaters in seiner Kindheit gibt Hinweise auf die Krebssterblichkeit seiner Enkelsöhne [315]

Die Ernährungsweise einer Familie kann die Gesundheit mehrerer Generationen mitbeeinflussen. So liegt bei Jungen in der Vorpubertät eines der sensiblen Zeitfenster, in dem das in der Keimbahn enthaltene genetische Programm infolge von Umwelteinflüssen modifiziert wird. Von diesen Veränderungen können Signale ausgehen, die über zwei Generationen hinweg Auswirkungen haben.

Wissenschaftler der Universität Uppsala haben jetzt im Journal Nature dargelegt, dass ein reichhaltiges Angebot an Lebensmitteln für Großväter zwischen dem neunten und zwölften Lebensjahr mit einer höheren Krebssterblichkeit bei den männlichen Enkeln verbunden war (1). Bei Frauen hingegen konnte kein vergleichbarer Effekt nachgewiesen werden. Auch fanden sich in der Uppsala Birth Cohort Multigeneration Study keine statistisch aussagekräftigen Belege für einen Zusammenhang zwischen der Lebensmittelverfügbarkeit der Großeltern in deren Vorpubertät und der Herz-Kreislaufsterblichkeit bei deren Enkelkindern.


Wissenschaftliche Details

Die vorpubertäre Wachstumsphase bei 9- bis 12-Jährigen gehört zu den sensiblen Zeitfenstern, in denen genetische Informationen aufgrund von Umwelteinflüssen wie etwa der Ernährung umprogrammiert werden können (2). Entsprechende Signale sind über mehrere Generationen hinweg vererbbar. Zu diesem Wechselverhältnis von Umwelt und Erbgut ist bislang nur sehr wenig bekannt.

Studien konzentrieren sich in der Regel auf die generationenübergreifenden Auswirkungen von Mangelernährung. Schwedische Wissenschaftler haben den Fokus erweitert und nach einer Verbindung zwischen einem reichhaltigen Ernährungsangebot bei Großeltern in deren früher Jugend und der Sterblichkeit von Nachkommen in der ersten und zweiten Generation gesucht. Anknüpfend an Ergebnisse der Överkalix-Studie berücksichtigte die Uppsala Birth Cohort Multigeneration Study dabei erstmals einen wesentlichen größeren Teilnehmerkreis (3). So haben die Wissenschaftler der Universität Stockholm regionale Daten zu Ernteerträgen aus den Jahren 1874 bis 1910 herangezogen, um die Lebensmittelversorgung von rund 9.000 Großeltern in deren zehnten bis zwölftem Lebensjahr abzuschätzen. Angaben zur Sterblichkeit von über 7.000 leiblichen Kindern und knapp 12.000 leiblichen Enkelkindern aus den Jahren 1961 bis 2015 erlaubten Rückschlüsse auf mögliche Zusammenhänge.

Der Abgleich ergab, dass das reichhaltige Angebot von Getreide und folsäurehaltigem Gemüse für Großväter in deren Vorpubertät mit einem höheren allgemeinen Sterblichkeitsrisiko[1] und einem höheren Risiko für den Krebstod[2] bei den leiblichen Enkelsöhnen verbunden war. Für die Generation der Kinder und für die weibliche Linie über zwei Generationen hinweg jedoch konnte dieser Effekt nicht belegt werden. Auch blieb die Bestätigung für eine mögliche statistisch aussagekräftige Verbindung zwischen der Ernährungsweise der Großeltern und dem Tod infolge von Herzinfarkt und Schlaganfall bei den Kindern und Enkelkindern aus.

Die Wissenschaftler sehen es als erwiesen an, dass die Keimbahnzellen von Jungen, nicht aber von Mädchen für epigenetische Veränderungen aufgrund von Ernährungseinflüssen vor der Pubertät offen sind. Ob die Modifikationen in der Signalgebung für die Erbgutschaltung über die DNA-Methylierung, die Chromatinbildung oder über kleine nichtkodierende RNAs weitergegeben werden, bleibt vorerst ungeklärt. Eine potentielle Ursache für die erhöhte Krebssterblichkeit könnte laut dem Wissenschaftlerteam die Belastung der Lebensmittel mit Schimmelpilzen spielen. Es fehlen jedoch Daten zum Schimmelbefall der Lebensmittel aus der damaligen Zeit, um eine potentielle Gefährdung identifizieren und Rückschlüsse auf die Studienergebnisse ziehen zu können.

Die Assoziationen des großväterlichen Ernährungsangebots mit dem Erkrankungsrisiko für Diabetes mellitus oder der Sterblichkeit durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen aus der Överkalix-Studie konnten nicht reproduziert werden.


Zum Weiterlesen

(1) D. Vågerö et al. (2018): Paternal grandfather’s access to food predicts all-cause and cancer mortality in grandsons. In: Nature Communications, Vol. 9, Nr. 5124. Online unter https://www.nature.com/articles/s41467-018-07617-9

(2) A. Soubry et al. (2014): Paternal environmental legacy: evidence for epigenetic inheritance through the male germ line. In: BioEssays, Vol. 36, Nr. 4, S. 359-71.Online unter https://doi.org/10.1002/bies.201300113

(3) G. Kaati et al. (2002): Cardiovascular and diabetes mortality determined by nutrition during parents’ and grandparents’ slow growth period. In: European Journal of Human Genetics, Vol. 10, S. 682-8. Online unter https://www.nature.com/articles/5200859

Fußnote(n)

[1] Modell 1: HR = 1.50; 95% CI 0.99-2.26 und Modell 2: HR = 1.55; 95% CI: 1.02-2.35

[2] HR = 3.44; 95% CI: 1.87-6.34

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