In Grippezeiten versterben Menschen bis zu einem Drittel häufiger am Herzinfarkt. In den Wintermonaten kommen schon alleine mit niedrigen Außentemperaturen Mehr-Belastungen auf das Herz zu. Kälte verengt die Gefäße der Haut und anderer Organe, so dass das Herz stärker pumpen muss, um eine ausreichende Blutversorgung zu gewährleisten. Influenza-Infektionen erschweren zusätzlich den Blutdurchfluss. Wehrt der Organismus Grippeviren ab, neigt das Blut eher dazu, zu gerinnen. Die Gefahr, dass Blutgerinnsel die Herzkranzgefäße verstopfen, steigt. Zudem verstärken sich Entzündungsreaktionen, die wiederum zur Verengung von Blutgefäßen beitragen können. Besonders Ältere über 65 Jahre verkraften den Stress, den die Grippe für das gesamte Herz-Kreislaufsystem mit sich bringt, weniger. US-amerikanische Wissenschaftler empfehlen, die Vorhersagemöglichkeiten für Grippeepidemien zu nutzen und den Grippeschutz gezielt einzusetzen, um das Risiko, an einem Herzinfarkt zu versterben, saisonal angepasst zu verringern.
Wissenschaftliche Details
Influenza-Infektionen tragen dazu bei, dass jahreszeitlich bedingt mehr Menschen an Herz- und Gefäßerkrankungen versterben. Wissenschaftler von der Columbia-Universität registrierten für New York in den Winterhalbjahren zwischen 2006 und 2012 mit rund 88.400 an Herzversagen Verstorbenen fast ein Drittel mehr Todesfälle als in den Sommermonaten (1). Die allermeisten von ihnen waren über 65 Jahre alt. Besonders häuften sich diese Sterbefälle rund drei Wochen nach einer Grippewelle. Bis zu 13 Prozent nahm die Herz-Kreislauf-Sterblichkeit dann zu. Ähnliche Reaktionen zog eine Erkältungswelle nach sich, richtete allerdings einen um ein Viertel geringeren Schaden an als die Grippewelle. Unter all den nach einer Grippewelle übermäßig auftretenden Herz- und Gefäßerkrankungen führte insbesondere der Herzinfarkt zum Tode.
Eine Vielzahl von Argumenten sprechen für das saisonal bedingte Risiko für den Herzinfarkt. Grippe-Infektionen können die Plaques, die bei Arteriosklerose die Gefäßwände ummanteln, so destabilisieren, dass sich Teile davon lösen und die Herzkranzgefäße zu verstopfen drohen. Sie erhöhen etwa die Zähflüssigkeit des Blutes während des Fiebers oder verändern die Blutgerinnungsfaktoren so, dass die Gefahr für Blutgerinnsel ansteigt. Zudem werden Entzündungsprozesse im Körper beschleunigt. Einige Influenza-Virenstämme können auch direkt den Fettstoffwechsel ungünstig beeinflussen etc.
Grippewellen treten in gemäßigten Klimazonen regelmäßig und vorhersehbar auf. Sie erlauben nach Ansicht der Experten damit auch eine zeitlich eingrenzbare Prognose für die Häufung von Herzinfarkten. Dieses Zeitfenster bietet die Möglichkeit, flächendeckende Präventivmaßnahmen gegen einen drohenden Herzinfarkt bei Risikogruppen, vor allem bei den über 65-Jährigen, zu organisieren, sei es in Form vorsorglich bereit gestellter Medikamente oder einer dichten Überwachung von Körperfunktionen. Maßnahmen zum Grippeschutz helfen zudem, Herzinfarkte zu vermeiden.
Die Deutsche Herzstiftung empfiehlt in ihrer Info-Box mit der wunderschön doppeldeutigen Überschrift Kälte-Herz einfache Mittel im Alltag, um sich vor Herz-Kreislauferkrankungen in Grippezeiten zu schützen (2). Dazu zählt insbesondere das häufige und überlegte Händewaschen.
Zum Weiterlesen
(1) J.L. Nguygen et al. (2016): Seasonal Influenza Infections and Cardiovascular Disease Mortality. In: Journal of the American Medical Association Cardiology, Vol. 1, Nr. 3, S. 274-281. Online unter http://jamanetwork.com/journals/jamacardiology/fullarticle/2518762
(2) Deutsche Herzstiftung (2016): Welche Patienten in der kalten Jahreszeit vorsichtig sein müssen. Online unter http://www.herzstiftung.de/Kaelte-Herz-Herzinfarkt.html