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Karies und Parodontitis in der Kindheit begünstigen Atherosklerose im Erwachsenenalter [286]

Entzündungen im Mundraum erhöhen auf langer Sicht die Anfälligkeit für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Dieser für den fortgeschrittenen Lebensabschnitt recht gut belegte Zusammenhang ist jetzt erstmals in einer Langzeitbeobachtung von Kindern aus der Cardiovascular Risk in Young Finn-Studie belegt worden. So wiesen finnische Mädchen und vor allem Jungen mit Parodontitis und Karies später im mittleren Erwachsenenalter fast doppelt so häufig eine verdickte Halsschlagader auf wie ihre zahngesunden ehemaligen Mitschüler. Die zunehmende Gefäßwanddichte der Arteria carotis gilt als ein frühes Anzeichen für Atherosklerose und damit auch für ein wachsendes Risiko für eine Vielzahl von Herz- und Gefäßerkrankungen. Einzelheiten hierzu wurden kürzlich im Journal JAMA publiziert.


Wissenschaftliche Details

Parodontitis und Karies gehören weltweit zu den häufigsten infektionsbedingten Entzündungskrankheiten. Sie treten schon früh im Leben auf und führen unbehandelt nicht nur zum Verlust von Zähnen, sondern begünstigen auch Schäden an den Wänden von Blutgefäßen. Bei älteren Erwachsenen gilt die Verbindung zwischen Entzündungen im Mundraum und dem Risiko für Atherosklerose als ausführlich untersucht. Gut dokumentiert ist auch, dass die Linderung von Parodontitis die Gefahr für Herz- und Gefäßleiden und dabei zusätzlich zu den Entzündungsmarkern insbesondere die Blutfettwerte verbessert.

Der jetzt vorliegende Abschlussbericht der Cardiovascular Risk in Young Finn-Studie belegt darüber hinaus, dass sich aus einer Kindheit mit Karies und Parodontitis eine Neigung zu Atherosklerose entwickeln kann. Wissenschaftler der Universität Helsinki hatten 1980 damit begonnen, den Gesundheitsstatus von 755 Mädchen und Jungen im Alter von 6, 9 und 12 Jahren zu erfassen, um frühzeitige Hinweise auf Herz- und Gefäßerkrankungen im Alter zu finden. Neben Größe, Gewicht und den Blutdruck-, Blutzucker- und Blutfettwerten ist auch der Zustand der Zähne beschrieben und über 27 Jahre hinweg dokumentiert worden. Kontrolluntersuchungen via Ultraschall gaben unter anderem Auskunft darüber, wie sich die Intima-Media-Dicke der Karotisarterien bei den dann erwachsenen Studienteilnehmern im Alter von 33,36 und 39 Jahren verändert hatten. Die Messungen ließen Rückschlüsse über die Entwicklung von Atherosklerose der Halsschlagader zu.

Mehr als zwei Drittel der Schulkinder wiesen Zahnfleischblutungen, Karies, Parodontitis und /oder Füllungen auf. Je mehr infektionsbedingte Entzündungen im Mundraum auftraten, desto größer war die Wahrscheinlichkeit, im jungen Erwachsenenalter an einer zunehmenden Verdickung der Gefäßwand der Halsschlagader zu leiden. Lag eine orale Infektion im Kindesalter vor, war das relative Risiko für eine Intima Media-Verdickung schon auf 1,87 (95% CI, 1,25-2,79) erhöht. Traten alle vier Zahn- und Zahnfleischerkrankungen gleichzeitig auf, dann erhöhte sich das relative Risiko nahezu auf das Doppelte (RR 1,95 (95% CI, 1,28-3,00) im Vergleich zu den ehemals zahngesunden Kindern. Jungen waren im Schnitt häufiger betroffen als Mädchen.

Die finnischen Wissenschaftler sehen es als erwiesen an, dass orale Entzündungen im Kindesalter das Risiko für eine subklinische Karotis-Atherosklerose im frühen Erwachsenenalter erhöhen und dies unabhängig davon, ob andere, etablierte Risikofaktoren für Herz- und Gefäßerkrankungen wie etwa Bluthochdruck oder Fettleibigkeit vorliegen. Sie gehen davon aus, dass lokale Entzündungen im Mund die Entzündungslast im gesamten Körper erhöhen und zudem das Gleichgewicht des Mikrobioms ungünstig verändern.

Die Häufung dieser Schädigungen hängt nach Ansicht der Experten in erster Linie nicht mit einem zu geringen Familieneinkommen zusammen, wie zunächst vermutet werden könnte, da in Finnland alle Kinder und Studenten Anspruch auf eine kostenlose Mundgesundheitsversorgung haben. Eher zeuge die Vernachlässigung der täglichen Mundhygiene von einem generell ungesunden Lebensstil und einem verbesserungswürdigen allgemeinen Gesundheitsbewusstsein.


Zum Weiterlesen

P.J. Pussinen et al. (2019): Association of Childhood Oral Infections With Cardiovascular Risk Factors and Subclinical Atherosclerosis in Adulthood. In: Journal of the American Medical Association Network Open, Vol. 2, Nr. 4, e192523. Online-Vorveröffentlichung. Online unter https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2731677

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