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Zur Prävention von Arthrose [210]

Arthrose ist die am weitesten verbreitete Gelenkerkrankung in den Industriestaaten, so auch in Deutschland. Über fünf Millionen zumeist ältere Menschen sind hier von der übermäßigen Knorpelrückbildung zwischen den Gelenken beziehungsweise vom Gelenkverschleiß betroffen. Da Arthrose zuerst im Knie und in der Hüfte zu Beschwerden führt, werden die altersbedingten Abnutzungserscheinungen vor allem mit den Belastungen aufgrund von Übergewicht in Verbindung gebracht.
US-amerikanische Wissenschaftler widersprechen jetzt anhand von Skelettuntersuchungen der Ansicht, dass Arthrose derzeit häufiger auftrete, weil die Menschen immer älter und dicker werden (1). Die seit der Mitte des 20. Jahrhunderts zu beobachtende Verdopplung des Arthrose-Risikos lässt sich ihrer Ansicht nach nicht einzig aus der Überalterung und der wachsenden Körperfülle der Bevölkerung erklären. Veränderte Umweltbedingungen dürften entscheidend dafür sein, dass Arthrose wie auch andere chronische Erkrankungen zunehmend auftreten. Damit ist Arthrose nach Meinung der Studienautoren vermeidbarer als bislang angenommen.


Wissenschaftliche Details

Die Wissenschaftler von der Harvard University in Cambridge bezweifeln, dass der sprunghafte Anstieg von Arthrose-Diagnosen einzig aus der zunehmenden Lebenserwartung und dem Übergewicht der US-amerikanischen Bevölkerung zu erklären ist (1). Um weitere Risikofaktoren auszumachen, verglichen sie den Zustand der Knochensubstanz an den Knien von über 50-jährigen Verstorbenen nicht nur aus der Gegenwart, sondern auch aus vergangenen Jahrhunderten. 176 Beinknochen von prähistorischen Jägern, Sammlern und frühen Bauern (6.000 – 300 v.Ch.), 1.581 Skelette aus dem frühindustriellen Zeitalter (1800 bis Anfang 1900) sowie 819 sterbliche Überreste aus der postindustriellen Ära (1900 bis Anfang 2000) wurden untersucht. Als Marker für Arthrose galten bei allen Eburnationen, dichte, glatte, elfenbeinartige Substanzen, die bei degenerativen Gelenkerkrankungen an den Knochen typischerweise zu beobachten sind. 16 % der Skelette aus dem letzten Jahrhundert, aber lediglich 6 % aus dem frühindustriellen Zeitalter und 8 % aus der prähistorischen Phase wiesen Anzeichen von Gelenkverschleiß auf. Hochrechnungen dieser Befunde unter Einbezug von Alter, Gewicht und anderen Variablen ergaben, dass Arthrose im Industriezeitalter mehr als doppelt so häufig aufgetreten ist wie in den Jahrhunderten zuvor. Analysen von spezifischen Genabschnitten, wie GDF5, haben bestätigt, dass das Erbgut die Neigung zu Arthrose wesentlich mitbeeinflusst. Doch, so die Wissenschaftler, weder die genetische Vorbelastung noch die Schädigungen aufgrund des krankhaften Übergewichts und des vorgerückten Lebensalters können die Verdopplung der Arthrose-Fälle in den letzten 100 Jahren ausreichend erklären. Verschleiß an Gelenken wird sowohl mit abnormaler Belastung als auch mit schwachem Gewebe in Verbindung gebracht. Beide können aus veränderten Lebensbedingungen erklärt werden, die ihrerseits Rückschlüsse auf zusätzliche und vermeidbare Risikofaktoren für Arthrose zulassen. So vergrößert Gehen auf hartem Untergrund und unangepasstes Schuhwerk die mechanische Beanspruchung, außerdem mindert Bewegungsmangel den Gelenkschutz und fördert Entzündungsprozesse. Auch der übermäßige Konsum von hochraffinierten Kohlenhydraten wirkt sich destabilisierend auf die Gelenke aus. Neben geeignetem Schuhwerk und regelmäßiger Bewegung kann also auch eine gesunde, ausgewogene und entsprechend zuckerarme Ernährung langfristig zum Funktionserhalt der Gelenke beitragen. Tipps und Tricks für eine gesunde Ernährung finden Sie hier.

In Anlehnung an die Theorien von David Liebermann (2) gehen die Wissenschaftler somit davon aus, dass Arthrose wie andere Zivilisationserkrankungen auch zunehmen, weil der menschliche Organismus sich an die gegenwärtigen Lebensbedingungen noch nicht angepasst hat. Arthrose dürfte demnach wie Bluthochdruck, atherosklerotische Herzerkrankungen und Typ-2-Diabetes auf gleiche, lebensstilbedingte Risikofaktoren zurückzuführen und in ähnlicher Weise zu vermeiden sein.


Zum Weiterlesen

(1) I.J. Wallace et al. (2017): Knee osteoarthritis has doubled in prevalence since the mid-20th century. In: Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America. Online unter http://www.pnas.org/content/early/2017/08/08/1703856114.full

(2) D. Liebermann (2013) The Story of the Human Body: Evolution, Health, and Disease. Pantheon Verlag, 1. Auflage.

R.F. Loeser, J.A. Collins, B.O. Diekmann (2016): Ageing and the pathogenesis of osteoarthritis. In: Nature Reviews Rheumatology, Vol. 12, S. 412–420. Online unter http://www.nature.com/nrrheum/journal/v12/n7/abs/nrrheum.2016.65.html

 

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