Mit dem Fahrrad zur Arbeit zu fahren wirkt sich bei stark Übergewichtigen günstig auf die Lebenserwartung aus. Dies berichteten jetzt Wissenschaftler von der Universität Glasgow auf dem 26. Europäischen Adipositas-Kongress (1). Sie hatten errechnet, dass fettleibige, zum Job radelnde Briten ein ähnlich niedriges Sterberisiko hatten wie normalgewichtige Radfahrer. Auch waren diese im Schnitt seltener von einem Herzinfarkt oder Schlaganfall betroffen als ihre übergewichtigen Kollegen, die das Auto zur Arbeit nahmen.
Stark Übergewichtige, die den Arbeitsweg statt mit dem Fahrrad zu Fuß bewältigten, konnten sich zwar über eine höhere Lebenserwartung freuen als die schwergewichtigen Autofahrer, litten jedoch häufiger an Herz- und Gefäßerkrankungen. Möglicherweise sei die Bewegungsintensität beim Rad fahren optimaler als beim Gehen, vermuten die Experten.
Wissenschaftliche Details
Forschungen belegen seit längerem, dass regelmäßiges Rad fahren auf dem Weg zur Arbeit die Gesamtsterblichkeit und das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall im Vergleich zum Pendeln mit dem Auto fast halbieren kann (2). Nun haben Wissenschaftler von der Universität Glasgow neue Details vorgestellt, die die gesundheitlichen Vorteile des Radelns zum Job für Übergewichtige zusätzlich bekräftigen (1).
Für die Analysen standen Gesundheitsdaten von 163.149 berufstätigen Britinnen und Briten im Alter von 37 bis 73 Jahren aus der britischen Biobank zur Verfügung. Im Verlauf von durchschnittlich fünf Untersuchungsjahren verstarben 2.425 von ihnen, 7.973 erkrankten am Herzen und an den Gefäßen. Sowohl das Sterblichkeitsrisiko als auch die Gefahr für kardiovaskuläre Erkrankungen wurden davon beeinflusst, ob der Weg zur Arbeit aktiv (also zu Fuß oder auf dem Rad) oder passiv (also im Auto) absolviert worden war. Besonders gesundheitsförderlich wirkte sich das regelmäßige Radeln aus, wovon sowohl Normalgewichtige als auch Übergewichtige profitierten.
Zwar waren stark Übergewichtige, die ihren Weg zur Arbeit aktiv gestalteten, einer fast doppelt so hohen Gefahr für Herz- und Gefäßerkrankungen ausgesetzt wie die normalgewichtigen aktiven Pendler[1]. Jedoch unterschied sich das allgemeine Sterblichkeitsrisiko beider Gruppen nicht wesentlich voreinander. Anders war es hingegen bei den stark Übergewichtigen, die das Auto auf dem Weg zur Arbeit nutzten. Ihr allgemeines Sterblichkeitsrisiko war um bis zu ein Drittel höher als bei den aktiven normalgewichtigen Pendlern. Auch waren sie um bis zu 59 % häufiger von einem Herzinfarkt oder Schlaganfall betroffen als diejenigen normalgewichtigen Arbeitnehmer, die auf dem Rad unterwegs waren.
Schwergewichtige Fußgänger konnten sich im Vergleich zu den übergewichtigen Autopendlern über mehr Lebensjahre freuen. Sie erlitten jedoch noch häufiger (+ 19 %) einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall. Im Vergleich zum zu Fuß gehen schützt der tägliche Arbeitsweg mit dem Rad vermutlich aufgrund der höheren Bewegungsintensität besser vor Herz- und Gefäßerkrankungen, so die Wissenschaftler.
Zum Weiterlesen
(1) T. Bjolgerud et al. (2019): Does active commuting attenuate the association between adipositas and mortality? 26. European Congress on Obesity, Abstract IS 2.04. Online unter
https://drive.google.com/file/d/1y8VCJLu0ef8tGq7T5SI7aEjNIQeiK4kC/view
(2) K. Blond et al. (2016): Prospective Study of Bicycling and Risk of Coronary Heart Disease in Danish Men and Women. In: Circulation, Vol. 134, S. 1409–1411. Online unter https://www.ahajournals.org/doi/10.1161/CIRCULATIONAHA.116.024651
Fußnote(n)
[1] Hazard Ratio 1,82; 95% CI 1,48 bis 2,23