Weltweit nehmen Herzrhythmusstörungen wie Vorhofflimmern immer mehr zu. Ein Grund hierfür liegt in der steigenden Lebenserwartung. Sowohl ungesunde Lebensgewohnheiten wie Rauchen und ein erhöhter Alkoholkonsum als auch Bluthochdruck, Diabetes, Adipositas, Vorerkrankungen der Gefäße, Herzmuskelschwäche oder ein Herzinfarkt tragen zur Risikoerhöhung bei.
Die Autoren der Framingham Heart-Studie haben jetzt empfohlen, bei der Prävention von Vorhofflimmern stärker das Langzeitrisiko zu berücksichtigen (1). Neuen Hochrechnungen zufolge liegt die Gefahr für Personen, die 55 Jahre oder älter sind, in der verbleibenden Lebensspanne durch unregelmäßige oder zu schnelle Herzschlägen beeinträchtigt zu werden, bei rund 37 %.
Wissenschaftliche Details
Das Vorhofflimmern gilt als eine Hauptursache für die zunehmenden Herzerkrankungen weltweit und ist die am häufigsten vorkommende Form von Herzrhythmusstörungen (2). So sind in Deutschland allein im Jahr 2017 die Sterbefälle infolge von Störungen der Herzrhythmik um rund 2,6 % angestiegen (3). Neben dem Alter tragen vor allem Bluthochdruck, Diabetes mellitus und insbesondere koronare Vorerkrankungen dazu bei.
Experten richten ihre Aufmerksamkeit nun verstärkt auf Risikofaktoren, deren Vorbeugung für eine lebenslange Prävention von Vorhofflimmern maßgeblich sind. Mit frühzeitigen Interventionen soll die Krankheitslast verringert werden. Das BMJ hat jetzt Ergebnisse aus der Framingham Heart-Studie publiziert, die eine differenziertere Abschätzung des Langzeitrisikos für Vorhofflimmern erlauben (1).
Daten aus drei Framingham-Generationen sind für die Analyse in Betracht gezogen worden. Die 5.338 Studienteilnehmer, zur Hälfte männlich, waren zum Zeitpunkt der Stichprobenerhebung 55, 65 und 75 Jahre alt und noch nicht von Vorhofflimmern betroffen. Je nach Raucherverhalten, Alkoholkonsum, Body-Mass-Index (BMI)[1] und Blutdruck sowie nach Vorerkrankungen wie Diabetes, Herzmuskelschwäche oder Herzinfarkt wurden sie einer Gruppe mit optimalem, grenzwertigem[2] oder erhöhtem[3] Risikoprofil zugordnet.
Die Hochrechnung des Gesamtrisikos unter Berücksichtigung der genannten Risikofaktoren der 55 Jahre und älteren Studienteilnehmer, in der verbleibenden Lebenszeit (kalkuliert bis zum Alter von 94 Jahren) an Vorhofflimmern zu erkranken, ergab einen Wert von 37 % und lag damit um rund 10 % höher als bislang geschätzt[4]. Männer waren stärker betroffen als Frauen.
Das Lebenszeitrisiko für Vorhofflimmern erhöhte sich mit steigender Belastung durch Risikofaktoren und Begleiterkrankungen. In der Gruppe der Personen mit einem optimalen Risikoprofil war unabhängig vom Alter lediglich einer von fünf gefährdet, Vorhofflimmern zu entwickeln. Kam nur ein einziger grenzwertiger oder erhöhter Risikofaktor hinzu, vergrößerte sich das Lebenszeitrisiko der Betroffenen auf ein Drittel und mehr.
Die Experten empfehlen, präventive Maßnahmen auf die genannten Risikofaktoren sowie auf Mehrfacherkrankungen auszurichten, um das Lebens- und Langzeitrisiko für Vorhofflimmern zu verringern.
Zum Weiterlesen
(1) L. Staerk et al. (2018): Lifetime risk of atrial fibrillation according to optimal, borderline, or elevated levels of risk factors: cohort study based on longitudinal data from the Framingham Heart Study. In: The BMJ, Vol. 361, k1453. Online unter https://www.bmj.com/content/361/bmj.k1453
(2) C.A. Emdin et al. (2016): Atrial fibrillation as risk factor for cardiovascular disease and death in women compared with men: systematic review and meta-analysis of cohort studies. In: The BMJ, Vol. 352, h7013. Online unter https://doi.org/10.1136/bmj.h7013
(3) Deutsche Gesellschaft für Kardiologie – Herz- und Kreislaufforschung (2017): Deutscher Herzbericht 2017: Kardiologische Versorgung auf hohem Niveau – Zuletzt leichte Anstiege bei Krankheitszahlen – Regionale Unterschiede bei der Sterblichkeit – Unterschiedliche Risiken von Frauen und Männern. Online unter https://www.herzstiftung.de/pdf/presse/herzbericht-2017-dgk-pm-1.pdf
(4) Lloys-Jones et al. (2004): Lifetime Rsik for Development of Atrial Fibrillation. The Framingham Heart Study. In: Circulation, Vol. 110, Nr. 9, S. 1042-1046. Online unter http://circ.ahajournals.org/content/110/9/1042
Fußnote
[1] Der BMI ist der Quotient aus Körpergewicht und Körpergröße zum Quadrat (kg/m2).
[2] Ein Risikoprofil galt als grenzwertig, wenn sich ein oder mehrere der betrachteten Parameter am Rande des Normbereiches befanden, z.B. ein systolischer Blutdruck bei 130-139 mm/Hg lag.
[3] Ein erhöhtes Risikoprofil lag vor, wenn mindestens ein betrachteter Parameter zu hoch ausfiel.
[4] Das Lebenszeitrisiko für Vorhofflimmern wird in früheren Berichten zwischen 17 % und 26 % bei Männern und zwischen 21 % und 23 % bei Frauen im Alter von 40 Jahren oder älter geschätzt (4).