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Weniger Herzinfarkte, aber mehr hämorrhagische Schlaganfälle bei Vegetariern [324]

Vegetarier leben offensichtlich herzgesünder als Fleischesser. Allerdings sind sie häufiger von einer Hirnblutung betroffen. Dies ging jetzt aus der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie hervor (1). Die im British Medical Journal vorgestellten Ergebnisse belegen, dass erwachsene Vegetarier ein um rund 22 % niedrigeres Risiko für koronare Herzkrankheiten aufweisen als Mischköstler. Dieser gesundheitliche Vorteil wurde jedoch nahezu aufgewogen durch eine um rund 20 % höhere Gefährdung für den hämorrhagischen Schlaganfall beim Verzicht auf Fleisch. Folgeuntersuchungen sollen künftig darüber Aufschluss geben, welche Faktoren die beobachteten Unterschiede im Herzinfarkt- und Schlaganfallrisiko vermitteln.


Wissenschaftliche Details

Vegetarische Kost wird immer beliebter. Doch ist bislang nur wenig darüber bekannt, wie sich die Entscheidung, auf Fleisch und Fisch zu verzichten, langfristig auf die Herz- und Gefäßgesundheit auswirkt. Den Ergebnissen einer Übersichtsarbeit aus dem Jahr 2017 zufolge schützt eine vegetarische Ernährung vor ischämischen Herzerkrankungen und Krebs (2). Neue, differenzierte Einsichten haben sich jetzt aus einer Nachbeobachtung bei Teilnehmern der European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition (EPIC)-Studie ergeben (1).

Von den gut 48.000 Teilnehmern, die zu Beginn frei von koronaren Herzerkrankungen, Schlaganfall oder Angina Pectoris waren, zählten mit 24.428 Probanden knapp die Hälfte zu den Fleischessern, 7.506 zu den Pescetariern (Verzehr von Fisch, aber nicht von Fleisch) und 16.254 zu den Vegetariern (Veganer eingeschlossen). Im Verlaufe einer Nachbeobachtungszeit von rund 18 Jahren hatten 2.820 von ihnen eine Koronarerkrankung entwickelt, 519 erlitten einen ischämischen Schlaganfall und 300 einen hämorrhagischen Schlaganfall.

Ein Abgleich zwischen dem Ernährungsstil und den Parametern für die Herz- und Gefäßgesundheit ergab, dass die Gruppe der vegetarisch/vegan lebenden Testpersonen einem um 22 % geringeren Risiko für koronare Herzerkrankungen ausgesetzt waren. Bei Fischessern, die gänzlich auf Fleisch verzichteten, lag das Risiko um rund 13 % niedriger. Im Gegensatz dazu wiesen Vegetarier ein um 20 % höheres Risiko für den (hämorrhagischen) Schlaganfall auf. Fischesser waren nur geringfügig davon betroffen. Die Studienautoren von der Universität Oxford diskutieren eine Reihe von Faktoren, die zu diesen Unterschieden beitragen haben können.

So waren die Vegetarier nicht nur durchschnittlich zehn Jahre jünger als die Fleischkonsumenten, sondern hatten im Schnitt auch ein gesünderes Herz-Kreislauf-System. Bluthochdruck, Typ-2 Diabetes und vor allem zu hohe LDL-Cholesterin-Werte traten bei ihnen seltener auf als bei anderen. Auch rauchten sie weniger und bewegten sich mehr. Denkbar ist, so die Wissenschaftler, dass Vegetarier eher zu einer gesundheitsbewussten Lebensführung tendieren als ihre fleischessenden Mitbürger und dies insgesamt, nicht nur der Verzicht auf Fleisch, maßgeblich zum geringeren Herzinfarktrisiko beigetragen hat. Hingegen könnte das höhere Risiko für Hirnblutungen und den hämorrhagischen Schlaganfall bei den Vegetariern, so die Experten, durch eine Unterversorgung an Vitamin B12 und an essentiellen Aminosäuren verstärkt worden sein. Die Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese potentiellen Mängel im Rahmen einer überwiegend pflanzlichen Ernährung in der Regel jedoch ausgleichen werden können. Auch aufgrund ihrer ökologischen Vorzüge ist eine pflanzenbetonte Kost zu empfehlen (3).

Obwohl die Untersuchung von Ernährungsmustern, wie sie in der EPIC-Oxford-Studie durchgeführt wurde, als ernährungswissenschaftlich fortschrittlich gilt, ist die Übertragbarkeit der Studienergebnisse auf die Allgemeinbevölkerung fraglich. So unterscheidet sich die vegetarische Ernährung in Großbritannien mitunter deutlich von der Ernährungsweise in Ländern mit niedrigem bis mittlerem Einkommen, in denen die meisten Vegetarier leben. Eine Untersuchung des Zusammenhangs von vegetarischer Ernährung und Herz-Kreislauf-Erkrankungen in verschiedenen Ländern könnte Aufschluss darüber geben, inwieweit die Detailzusammensetzung der vegetarischen Kost Auswirkungen auf das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat (3).

In Folgeuntersuchungen sollte zudem der Zusammenhang zwischen dem Verzehr von einzelnen Lebensmittelgruppen wie Fleisch, Fisch, Milch etc. und dem Risiko für den Herzinfarkt und dem Schlaganfall bei der EPIC-Oxford-Gruppe genauer untersucht werden, um Rückschlüsse auf die vermittelnden Faktoren treffen zu können.


Zum Weiterlesen

(1) T.Y.N. Tong et al. (2019): Risks of ischaemic heart disease and stroke in meat eaters, fish eaters, and vegetarians over 18 years of follow-up: results from the prospective EPIC-Oxford study. In: The BMJ, Vol. 366. Online unter https://www.bmj.com/content/366/bmj.l4897

(2) M. Dinu et al. (2017): Vegetarian, vegan diets and multiple health outcomes: A systematic review with meta-analysis of observational studies. In: Critical Reviews in Food Science and Nutrition, Vol. 57, Nr. 17, S. 3640-9. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/26853923?dopt=Abstract

(3) M.A. Lawrence, S.A. McNaughton (2019): Vegetarian diets and health. In: The BMJ, Vol. 366. Online unter https://www.bmj.com/content/366/bmj.l5272?int_source=trendmd&int_medium=cpc&int_campaign=usage-042019

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