Die Deutschen möchten immer weniger Fleisch essen. Das ist eine der guten Nachrichten, die sich aus dem Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft herauslesen lassen. Auch, dass sich unsere Gesellschaft laut Report zunehmend für eine nachhaltige und gesunde Ernährung ausspricht, lässt hoffen. Diese Tendenz ist nicht zuletzt auf die Coronapandemie zurückzuführen. Denn dadurch kochen die Deutschen mehr, verarbeiten häufiger frische Zutaten und nehmen mehr Mahlzeiten gemeinsam ein – Home-Office sei Dank (1).
Fast zeitgleich mit dem Ernährungsreport ist auch der Ernährungspolitische Bericht der Bundesregierung veröffentlicht worden. Die Berichterstattung umfasst die Maßnahmen zur Förderung von gesunder Ernährung der letzten vier Jahre. Dazu zählen einerseits Einschränkungen der Industrie, um diese zur Produktion gesünderer Lebensmittel zu animieren. Andererseits fördert die Regierung das Ernährungswissen der VerbraucherInnen – etwa durch den NutriScore (2).
Wissenschaftliche Details
Deutschland ist ein Land des Genusses. Auch wenn unsere deutsche Küche manchmal als „einfach“ oder „bodenständig“ abgestempelt wird: Bei ihrem Essen ist den Deutschen der Geschmack am wichtigsten, gefolgt vom Gesundheitswert der Speisen. Das gehen aus dem neuen Ernährungsreport 2020 des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft hervor. Für den Report führte das Meinungsforschungsinstitut nun schon zum fünften Mal in Folge eine telefonische Befragung von 1.000 BundesbürgerInnen durch (1).
Weniger Fleisch: Flexitarier auf dem Vormarsch
Aus der Umfrage geht auch hervor, dass sich 55 % der Befragten als Flexitarier sehen – das heißt, dass sie ihre Ernährung flexibel gestalten und gelegentlich bewusst auf Fleisch verzichten. Dazu passt der rückläufige tägliche Verzehr von Fleisch und Wurst mit 26 %. Milchprodukte essen hingegen 64 % der Befragten jeden Tag. Die Kategorie wird angeführt von Obst & Gemüse, das von 70 % aller Teilnehmer täglich gegessen wird (1). Ob die verzehrten Lebensmittel ökologisch produziert wurden, hängt laut Robert Koch Institut auch vom sozioökonomischen Status ab. In einem Gesundheitsmonitoring im Rahmen der zweiten KiGGS-Studie wurde festgestellt, dass knapp zwei Drittel aller einbezogenen Kinder Bio-Lebensmittel verzehren, aber der Anteil mit steigendem sozioökonomischen Status abnimmt (3).
Dank Coronapandemie mehr gesundes Essen?
Das könnte man aus den Zahlen des Reports ableiten. 30 % der Teilnehmer der zusätzlichen Befragung zur Ernährungsweise in Zeiten des Coronavirus im April 2020 gaben an, seitdem mehr zu kochen und mehr frische Zutaten zu verwenden (20 %). Jeder 5. konnte seine Mahlzeiten häufiger gemeinsam mit der Familie einnehmen – hier zeigt sich wahrscheinlich einer der positiven Aspekte des Home-Office (1).
Politische Bemühungen für eine gesunde Ernährung
Es tut sich also etwas in Sachen Ernährung in Deutschland. Das ist nicht zuletzt auf die politischen Maßnahmen zur Förderung einer gesunden Ernährung zurückzuführen. Die Bemühungen und Erfolge der vergangenen vier Jahre sind im aktuellen Ernährungspolitischen Bericht der Bunderegierung nachzulesen (2). Dazu zählen unter anderem die Nationale Reduktions- & Innovationsstrategie, im Zuge derer die Lebensmittelwirtschaft zur Reduktion von Zucker, Salz und Energie in ihren Produkten verpflichtet wurde, ebenso wie der NutriScore.
Kritiker des Berichts bewerten die aktuellen Bemühungen der Regierung als unzureichend und zu „unternehmerfreundlich“. So würden Konzerne durch die oft freiwilligen Restriktionen, die ihnen auferlegt werden, mehr geschützt als die VerbraucherInnen selbst (4,5). Dennoch können die im Bericht festgehaltenen Bemühungen als vielversprechende Ansatzpunkte betrachtet werden. Die Verstetigung und Erweiterung dieser Bemühungen sind Voraussetzung für die Schaffung eines Umfelds für die VerbraucherInnen, in dem eine gesunde Ernährung für jeden möglich ist.
Was essen wir in der Zukunft?
Auch für die Ernährung der Zukunft wünschen sich die Deutschen mehr Gesundheit und Nachhaltigkeit. So sprechen sich 86 % aller Teilnehmer für einen geringeren Zuckerzusatz in Fertigprodukten aus, auch wenn die Produkte dann nicht mehr so süß schmecken. 81 % fordern ein staatliches, unabhängiges Tierwohlsiegel und viele würden auch mehr dafür bezahlen, dass die Tiere artgerechter behandelt werden: Knapp die Hälfte der Befragten gaben an, sogar bis zu 15 € pro kg Fleisch zu bezahlen. Auch was die Wegwerfgesellschaft angeht, scheint ein Wandel stattzufinden. So gaben 91 % an, ein Lebensmittel nach Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums auf sensorische Eigenschaften (Aussehen, Geruch, Geschmack) zu prüfen, anstatt es direkt wegzuwerfen. Im Jahr 2016 waren dazu nur 76 % bereit (1).
Zum Weiterlesen
(1) Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2020): Deutschland, wie es isst. Der BMEL-Ernährungsreport 2020. Online unter https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/ernaehrungsreport-2020.pdf?__blob=publicationFile&v=12
(2) Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2020): Gesunde Ernährung, sichere Produkte. Bericht der Bundesregierung zur Ernährungspolitik, Lebensmittel- und Produktsicherheit. Online unter https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/gesunde-ernaherung-sichere-produkte-bericht.pdf?__blob=publicationFile&v=6
(3) Robert Koch Institut (2020): Ernährungsverhalten in Deutschland. In: Journal of Health Monitoring. Online unter https://www.rki.de/DE/Content/Gesundheitsmonitoring/Gesundheitsberichterstattung/GBEDownloadsJ/JoHM_01_2020_Ernaehrungsverhalten.pdf?__blob=publicationFile
(4) U. Schulte (2020): Ernährungspolitischer Bericht mit viel Licht und Schatten. Pressemitteilung der SPD-Fraktion im Bundestag. Online unter https://www.spdfraktion.de/presse/pressemitteilungen/ernaehrungspolitischer-bericht-viel-licht-schatten
(5) R. Künast (2020): Gesunde Ernährung braucht Verbindlichkeit – Verbraucher schützen, nicht die Konzerne. Pressemitteilung der Bündnis 90 Die Grünen Bundestagsfraktion. Online unter https://www.gruene-bundestag.de/presse/pressemitteilungen/gesunde-ernaehrung-braucht-verbindlichkeit-verbraucher-schuetzen-nicht-die-konzerne