Demenz tritt in Dänemark häufiger auf, wenn das Trinkwasser eine mittlere Konzentration von Lithium enthält. Bewohner von Regionen, deren Trinkwasser einen sehr geringen oder auch einen hohen Anteil an Lithium enthält, leiden im Vergleich dazu weniger häufig am krankheitsbedingten Abbau von Hirnleistungen. Wissenschaftler von der Universität Kopenhagen, die den Lithiumgehalt im Trinkwasser und die Häufigkeit von Demenzen gemeindebasiert in ganz Dänemark über 28 Jahre hinweg dokumentiert haben, gehen von einem Wirkzusammenhang aus (1). Dass Lithium sich günstig auf das Gedächtnis auswirken und möglicherweise auch vor Demenz schützen kann, ist vor allem als Nebeneffekt aus Langzeitbehandlung von Patienten mit bi-polaren Störungen bekannt (2).
Wissenschaftliche Details
Lithium gehört seit Jahrzehnten zur Standartbehandlung von psychischen Erkrankungen. Aus Langzeitbeobachtungen ist bekannt, dass Lithium insbesondere auch Gedächtnisleistungen stabilisiert. Lithium wird eine neuroprotektive Wirkung gegen oxidativem Stress, entzündlichen Prozessen und Dysfunktionen der Mitochondrien zugeschrieben, also gegen Risikofaktoren, die auch mit der Entwicklung von Demenzen in Verbindung stehen. Inzwischen belegen kleinere Studien, dass Patienten mit bi-polaren Störungen infolge einer Lithium-Therapie seltener an Demenzen erkranken (2).
Lithium ist nicht nur in Medikamenten enthalten, sondern natürlicher Bestandteil der Ernährung. Das Leichtmetall kommt etwa in Gemüse sowie in Mineral- und Trinkwasser vor. Wissenschaftler von der Universität in Kopenhagen sind daher in einer landesweiten Untersuchung der Frage nachgegangen, ob sich eine Verbindung zwischen dem Lithiumgehalt im Trinkwasser und der Häufigkeit von Demenzerkrankungen nachweisen lässt. Messwerte zur chemischen Zusammensetzung des Trinkwassers aus den Wasserwerken in allen Regionen Dänemarks bildeten die Grundlage der Erhebungen. Je nach den geografischen Gegebenheiten variierte die Lithium-Konzentration im Grundwasser zwischen 0,6 µg/l im Westen bis hin zu 30,7 µg/l im Osten des Landes. Zudem ist der Trinkwasserverbrauch von 73.731, zwischen 1970 und 2013 an Demenz erkrankten, und von 733.653 demenzfreien Dänen im Alter von 50 – 90 Jahren in Anhängigkeit vom Wohnort hochgerechnet worden.
Der Datenabgleich ergab einen nicht-linearen Zusammenhang zwischen dem Lithium-Gehalt im Trinkwasser und der Häufigkeit von Demenzerkrankungen. Im Schnitt konsumierten Demenzpatienten Wasser mit einer etwas geringeren Lithiumkonzentration als die geistig gesund gebliebene Studienteilnehmer (mittlerer Wert 11,5 µg/l versus 12,2 µg/l).
Bei einem Lithium-Gehalt zwischen 5,1 bis 10,0 µg/l traten die Demenz-Erkrankungen am häufigsten auf (IRR, 1,22); beim Konsum von Trinkwasser mit einer geringeren (2,0 bis 5,0 µg/l) oder auch höheren Lithium-Konzentration (>15,0 µg/l) nahm hingegen die Erkrankungshäufigkeit ab, um dann bei der höchsten Dichte von 17 µg/l Lithium wieder leicht anzusteigen. Die Häufigkeit von Alzheimer- und vaskuläre Demenzen folgten diesem Muster.
Obgleich die Studienergebnisse einen Zusammenhang zwischen Lithium im Trinkwasser und der Häufigkeit von Demenzerkrankungen belegen, erlaubt die Datenlage es noch nicht, Empfehlungen zur Vorbeugung von Demenzen abzuleiten. Auch ist der biochemische Wirkmechanismus von Lithium noch nicht entschlüsselt. Lithium zählt wie Aluminium, Bor, Brom, Cadmium, Quecksilber, Titan, Wolfram und anderen zu den Ultraspurenelementen, die im menschlichen Organismus in äußerst geringer Konzentration vorkommen. Lithium ist überwiegend in den Lymphknoten, in Organen und im Gehirn aktiv, indem es Wechselwirkungen mit anderen Mineralstoffen und Botenstoffen (Neurotransmittern) eingeht. Der Tagesbedarf an Lithium ist nicht genau bekannt; Wissenschaftler gehen davon aus, dass dieser mit einer durchschnittlichen Ernährung gedeckt wird.
Zum Weiterlesen
(1) L. Vedel et al. (2017): Association of Lithium in Drinking Water With the Incidence of Dementia. In: Journal of the American Medical Association Psychiatry. Online unter http://jamanetwork.com/journals/jamapsychiatry/fullarticle/2649277
(2) M.A. Nunes et al. (2013): Microdose Lithium Treatment Stabilized Cognitive Impairment in Patients with Alzheimer’s Disease. In: Current Alzheimer Research, Vol 10, Nr. 1, S. 104-107. Online unter http://www.eurekaselect.com/106398/article
O.V. Forlenza et al. (2016): Lithium, a Therapy for AD: Current Evidence from Clinical Trials of Neurodegenerative Disorders. In: Current Alzheimer Research, Vol 13, Nr. 8, S. 879 – 886. Online unter http://www.eurekaselect.com/139630/article?utm_source=TrendMD&utm_medium=cpc&utm_campaign=Curr_Alzheimer_Res_TrendMD_0
L. Houl et al. (2016): Genetic variants associated with response to lithium treatment in bipolar disorder: a genome-wide association study. In: The Lancet, Vol. 387, Nr. 10023, S. 1085-1093. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC4814312/