Virus-Infektionen, die eine Gürtelrose auslösen, könnten auch das Risiko für einen Schlaganfall oder Herzinfarkt vergrößern. Bestätigt sich dieser Zusammenhang in künftigen Untersuchungen, dann wären Todesfälle infolge Herz- und Gefäßschädigungen perspektivisch auch durch Medikamente gegen den Varizella-Zoster-Virus zu verhindern, so das Resümee südkoreanischer Wissenschaftler jetzt im Journal des „American College of Cardiology“ (1).
Rund 10 Jahre lang hatten die Forscher Herz- und Gefäßerkrankungen von 23.213 Patienten dokumentiert und verglichen, ob zuvor eine Herpes Zoster Infektion bestanden hatte oder nicht. Dabei war die infizierte Gruppe durchschnittlich einem um 41 % höheren Risiko für Schäden am Herzen und an den Gefäßen ausgesetzt. Besonders betroffen waren unter 40-Jährige.
Wissenschaftliche Details
Weltweit wird eine steigende Anzahl von Infektionen mit dem Varizella-Zoster-Virus registriert. Eine unmittelbare Folge sind Windpocken, an denen insbesondere Kinder erkranken, seltener auch Erwachsene mit dann wesentlich schwereren Komplikationen. Varizella-Zoster-Viren bleiben auch nach der überstandenen Windpockenerkrankung in den Hirnnerven und in den Nervenwurzeln des Rückenmarkes latent erhalten und werden häufig in der zweiten Lebenshälfte wieder aktiv, etwa, wenn das Immunsystem geschwächt ist, oder auch als Nebenwirkung von Medikamenten und Stress. Dies führt zu sekundären Infektionen, die sich am häufigsten in einem umgangssprachlich als Gürtelrose bezeichneten, äußert schmerzhaften Hautausschlag äußern. In Deutschland erkranken geschätzt 400.000 Erwachsene an der Gürtelrose, 60 % von ihnen sind über 50 Jahre alt (2).
Neueste Forschung weisen auf einen Zusammenhang zwischen den Herpes Zoster Infektionen und Schädigungen des Herzen und der Gefäße hin (3). Eine Wissenschaftlergruppe vom Asan Medical Center in Seoul hat jetzt diesen Forschungsansatz aufgegriffen und in Untersuchungen an sehr großen Patientengruppen bestätigt. Die Grundlage bildeten 519.880 Datensätze aus dem südkoreanischen nationalen Medical Checkup‑Service. Aus diesem Pool sind je 23.213 von der Gürtelrose betroffene und davon nicht betroffene Patienten ausgewählt und in ihren Krankheitsgeschichten zwischen 2002 und 2013 weiter charakterisiert worden.
In der mit Herpes Zoster Viren infizierten Patientengruppe lag das Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse um 41 % höher als in der Vergleichsgruppe. Besonders betroffen waren Patienten unter 40 Jahre [1] mit dem höchsten Risiko für einen Schlaganfall. Die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall zu erleiden, stieg bei den Studienteilnehmern im ersten Jahr nach der Gürtelrose um 59 bzw. um 35 % an, um danach langsam abzusinken. Tabelle 1 illustriert den gefundenen Zusammenhang im Detail (1):
Die Wissenschaftler ziehen eine Vielzahl von biologischen Gründen in Betracht, die die herz- und gefäßschädigende Wirkung von Varizella-Zoster-Viren erklären könnten. So wird etwa eine Reaktivierung der Viren vor allem in Nähe zu einer Arterie beobachtet, was zur Entzündung, Rupturen und Thrombosen der Gefäße führen kann. Auch ansteigender Blutdruck und eine höhere Herzfrequenz können die Folge der Infektion sein, nachdem eine stärker beanspruchte Immunabwehr die Anfälligkeit für Erkrankungen generell verändert.
Zum Weiterlesen
(1) C.-M. Kim et al. (2017): Herpes Zoster Increases the Risk of Stroke and Myocardial Infarction. In: Journal of the American Medical Association, Vol. 70, Nr. 2. Online unter http://www.onlinejacc.org/content/70/2/295
(2) Robert Koch – Institut. Windpocken, Herpes zoster (Gürtelrose). RKI-Ratgeber für Ärzte. Online unter https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Varizellen.html
(3) F. Mara et al. (2017): A meta-analysis of stroke risk following herpes zoster infection. In: BioMed Central Infectious Diseases, Vol. 17, Nr. 198. Published online 2017 Mar 7. Online unter https://bmcinfectdis.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12879-017-2278-z
(4) B.P. Yawn et al. (2016): Risk of Stroke and Myocardial Infarction After Herpes Zoster in Older Adults in a US Community Population. In: Mayo Clinic Proceedings, Vol. 91, Nr. 1, S. 33–44. Online unter https://www.mayoclinicproceedings.org/article/S0025-6196(15)00768-5/fulltext
Fußnote
[1] Hazard Risiko (HR) für < 40 Jahre: 2,42 (95 % CI 1,26-4,66; P=0,008) für kardiovaskuläre Ereignisse und einen HR von 3,74 (95 % CI 1,51-9,25; P=0,004) für einen Schlaganfall