Lange bevor die Alzheimer-Erkrankung diagnostiziert werden kann, beginnt der Hirnstoffwechsel sich kaum wahrnehmbar zu verändern. Kalifornische Radiologen haben jetzt einen selbstlernenden Algorithmus darauf trainiert, solche subtile Vorzeichen für den krankhaften Abbau von Hirnzellen in speziellen Scans zu erkennen. Die künstliche Intelligenz erreichte in einem ersten Pilotversuch eine Trefferquote von 100 %. Der selbstlernende Algorithmus konnte jeden einzelnen Alzheimer-Patienten rund sechs Jahre vor dem abschließenden ärztlichen Befund verbindlich identifizieren (1).
Wissenschaftliche Details
Die Alzheimer-Demenz ist noch immer nicht heilbar. Umso mehr kommt es darauf an, ihre Vorzeichen möglichst frühzeitig zu erkennen, um den Krankheitsverlauf wenigstens zu verzögern. Biomarker für die Veränderungen im Hirnstoffwechsel enthalten per se eine solche Option. Diese können mit bildgebenden Verfahren sichtbar gemacht werden, etwa mit der Fluorodesoxyglucose-Positronen-Emissions-Tomographie (18F-FDG PET ). 18F-FDG PET erfasst die Aufnahme von radioaktiv markierten Glukosemolekülen im Gehirn, wobei Abweichungen vom gesunden Muster mit dem menschlichen Auge nur äußerst schwierig zu erkennen sind.
Radiologen aus der Forschungsgruppe “Big Data in Radiology” (BDRAD), einem multidisziplinär zusammengesetzten Team von Ärzten und Ingenieuren aus kalifornischen Universitäten, haben jetzt einen selbstlernenden Algorithmus entwickelt, der in der Lage ist, die Vorhersagekraft der längst etablierten Hirn-Scans wesentlich zu verbessern.
Bei der Studie wurden 2.109 PET 18 FDG Bilder von 1.002 Patienten aus der Alzheimer’s Disease Neuroimaging Initiative (ADNI) analysiert. 90 % dieser Datensätze dienten dem Algorithmus als Trainingsmaterial, die für Alzheimer typische Muster im Hirnstoffwechsel zu identifizieren. Die erlernte Vorhersageleistung wurde an den verbleibenden 10 % überprüft.
So ist es im Pilotversuch unter Beteiligung von künstlicher Intelligenz gelungen, mit einer Trefferquote von 100 % die Alzheimer-Erkrankung um 75,8 Monate früher zu diagnostizieren als auf herkömmliche Weise. Angesichts der hohen erzielten Genauigkeit bei den Frühdiagnosen sind die kalifornischen Radiologen vom Einsatz der künstlichen Intelligenz überzeugt: Zum einen verbessert der selbstlernende Algorithmus die Aussagekraft von 18F-FDG PET-Aufnahmen des Gehirns vor allem bei diffusen Befunden. Zum anderen kann er insbesondere in Verbindung mit anderen biochemischen und bildgebenden Tests zur verlässlichen Früherkennung von Alzheimer-Demenzen eingesetzt werden. In Folgestudien soll der selbstlernende Algorithmus trainiert werden, um Muster zu erkennen, die mit der Alzheimer typischen Anhäufung von ß-Amyloid- und Tau-Proteinen, abnormen Proteinklumpen sowie Verwicklungen im Gehirn zusammenhängen.
Zum Weiterlesen
(1) Y. Ding et al. (2018): A Deep Learning Model to Predict a Diagnosis of Alzheimer Disease by Using 18F-FDG PET of the Brain. In: Radiology. Online-Vorveröffentlichung. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/30398430