Kinder, die im Jahr 2015 in Deutschland geboren sind, werden knapp zehn Jahre länger leben als der Durchschnitt der Weltbevölkerung. Mädchen können im Schnitt 83,2, Jungen 78,4 Lebensjahre erwarten. Diese Daten prognostiziert der neue Bericht aus der Global Burden of Disease (GBD)-Studie, der den Gesundheitszustand in der Welt im Ländervergleich erfasst. In Deutschland zählen nach wie vor Durchblutungsstörungen des Herzens und des Hirns zu den Haupttodesursachen, gefolgt von Alzheimer-Demenz und Lungenkrebs. Tödlich verlaufende Nierenerkrankungen und Schädigungen des Herzens infolge eines chronischen Bluthochdrucks haben in den vergangenen zehn Jahren am meisten zugenommen. Diese liegen jetzt in der Rangfolge der Todesursachen noch vor Diabetes und Brustkrebs.
Der GBD-Bericht benennt riskante Ernährungsgewohnheiten, Bluthochdruck, Rauchen, krankhaftes Übergewicht, einen zu hoher Blutzuckerspiegel, den übermäßigen Alkoholkonsum und zu hohe Blutfettwerte als die mit Abstand maßgeblichen Risikofaktoren für gesundheitliche Beeinträchtigungen und für die Sterblichkeit in Deutschland. Alle diese sieben Parameter lassen sich präventiv positiv beeinflussen.
Wissenschaftliche Details
Seit 1990 ist in Deutschland die Lebenserwartung von Männern von 72, 0 auf 78,4 Jahre und bei Frauen von 78,5 auf 83,2 Jahre gestiegen.
Die in Deutschland im Jahr 2015 geborenen Kinder können damit mit einer knapp zehn Jahre längeren Lebensdauer rechnen als der Durchschnitt der Weltbevölkerung. Gemessen am neuen soziodemografische Index (SDI), der neben dem Einkommen erstmals auch die Ausbildung und die Zahl der Kinder als Ressourcen berücksichtigt, fällt die Prognose zur Lebenserwartung in Deutschland noch günstiger aus. Ebenso positiv und kaum überraschend: In den vergangenen 35 Jahren konnte in Deutschland sowohl die Kinder- als auch die Müttersterblichkeit um zwei Drittel reduziert werden. Diese Ergebnisse enthält der neue Bericht aus der Global Burden of Disease (GBD)-Studie, die Veränderungen im Gesundheitszustand und in der Kinder- und Müttersterblichkeit in fast 200 Ländern der Erde erfasst (1;2).
Ischämische Herzerkrankungen und Durchblutungsstörungen der Hirngefäße bilden nach wie vor in Deutschland die Haupttodesursachen (3). Es folgen die Alzheimer-Demenz und Lungenkrebs, die im Vergleich zum Jahr 2005 um 27,2 % bzw. um 11,3 % häufiger zum Tode führten. Am stärksten jedoch sind Nierenerkrankungen (+ 44,0 %) und Schädigungen des Herzens aufgrund eines chronischen Bluthochdrucks (+ 32,7 %) im Ranking der Todesursachen in den vergangenen zehn Jahren angestiegen. Diese liegen jetzt in der Abfolge auf Platz neun und zehn unmittelbar nach den chronisch obstruktiven Lungenerkrankungen, Darmkrebs, anderen kardiovaskulären Erkrankungen und den Erkrankungen der unteren Atemwege. Diabetes und Brustkrebs, deren Anteile an der Sterblichkeit mit 10,5 % bzw. 8,4 % seit 2005 ebenso zunahmen, nehmen nunmehr Platz elf und zwölf in der Liste ein.
Zu den Erkrankungen, die in Deutschland am häufigsten zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen, zählen nach wie vor Rücken- und Nackenschmerzen, Erkrankungen der Sinnesorgane, Depressionen, Migräne, Haut- und Angsterkrankungen sowie Diabetes. Diabetes verzeichnet mit 24,8 % und Skeletterkrankungen mit 17,5 % die höchsten Zuwachsraten seit dem Jahr 2005. Konkrete Ansatzpunkte für die Prävention enthält eine Liste der Risikofaktoren, die im GBD-Bericht für beide Ursachengruppen, also für die Sterblichkeit und für die gesundheitliche Beeinträchtigung ermittelt worden sind. Riskante Ernährungsgewohnheiten schaden nach Ansicht der GBD-Wissenschaftler der Gesundheit in Deutschland am meisten. Es folgen im Ranking der Risikofaktoren ein dauerhaft zu hoher systolischer Blutdruck, das Rauchen, ein zu hoher Body-Maß-Index, ein zu hoher Blutzuckerspiegel, der übermäßige Alkoholkonsum und ein zu hohes Gesamtcholesterin.
Global gesehen war ein zu hoher systolische Blutdruck der maßgeblichste Risikofaktor im Jahr 2015, den die GBD-Studienautoren für rund 9 Prozent aller verlorenen gesunden Lebensjahre überhaupt verantwortlich machen, gefolgt von Rauchen, erhöhtem Blutzucker und einem zu hohen Body-Maß-Index. Der Einfluss von Erkrankungen und riskanten Lebensgewohnheiten auf die Lebenserwartung variiert immens von Region zu Region. Typ 2-Diabetes und hoher Drogenkonsum schmälern die Lebensdauer in den USA und in Kanada beträchtlich, in Finnland, in Dänemark und vor allem in Russland leiden die Menschen dagegen eher an den Folgen eines zu hohen Alkoholkonsums. In Nordafrika, insbesondere in Ägypten, dem Irak und Kuwait wird Typ-2-Diabetes zunehmend zum Problem. In der Region südlich der Sahara sind es insbesondere die Mangelernährung und ungeschützter Sex, die die Lebenszeit immens verkürzen. Mangelernährung ist auch ein maßgeblicher Grund dafür, weshalb noch immer 5,8 Millionen Kinder weltweit sterben, bevor sie das sechste Lebensjahr erreichen.
Wissenschaftler beobachten weltweit einen Rückgang von Infektionskrankheiten wie HIV/AIDS und Malaria. So ist die Zahl der AIDS-Todesfälle seit 2005 um 33,5 Prozent auf jetzt 1,2 Millionen zurückgegangen, an Malaria starben 2015 37 Prozent weniger als im Jahr 2005. Auch Durchfallerkrankungen und Masern traten im vor allem in Entwicklungsländern seltener auf. In Europa nahm wie in Indien und in Pakistan auch die Zahl der tödlich verlaufenden Schlaganfälle ab. So konnte die durchschnittliche Lebenserwartung im Verlauf der vergangenen 30 Jahre weltweit um durchschnittlich zehn Jahre auf 69 Jahre bei Männern und auf 74,8 Jahre bei Frauen anwachsen.
Zum Weiterlesen
(1) GBD 2015 Disease and Injury Incidence and Prevalence Collaborators (2016): Global, regional, and national incidence, prevalence, and years lived with disability for 310 diseases and injuries, 1990–2015: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2015. In: The Lancet, Vol. 388, Nr. 10053, S. 1545–1602. Online unter https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(16)31678-6/fulltext
(2) GBD 2015 Risk Factors Collaborators (2016): Global, regional, and national comparative risk assessment of 79 behavioural, environmental and occupational, and metabolic risks or clusters of risks, 1990–2015: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2015. In: The Lancet, Vol. 388, Nr. 10053, S. 1659–1724. Online unter https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(16)31679-8/abstract?code=lancet-site. Alle Ergebnisse sind zusammengefasst im Portal http://vizhub.healthdata.org/gbd-compare/.
(3) Vgl. die Daten im Portal http://www.healthdata.org/germany