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Langzeitschädigungen an Herz und Gefäßen durch Anabolika [186]

Ein frühzeitig geschwächtes Herz und Atherosklerose können die Langzeitfolge des Konsums von synthetisch hergestellten Testosteron-Präparaten zur körperlichen Leistungssteigerung sein. Anabolika verschlechtern die Pumpfunktionen des Herzens und begünstigen die Verkalkung der Herzkranzgefäße. Sie wirken über Jahrzehnte hinweg und selbst dann noch, wenn sie längst nicht mehr eingenommen werden. Dies zeigte eine Bostoner Untersuchung an 140 Männern mittleren Alters, die in ihrer Freizeit Gewichtheben betrieben und zur Unterstützung Anabolika einnahmen bzw. in der Vergangenheit eingenommen hatten (1). Kardiologen und Radiologen vom Massachusetts General Hospital Heart Center vermuten im Journal Circulation, dass es sich bei dem beschriebenen Langzeiteffekt von Anabolika um ein Problem der öffentlichen Gesundheit handeln könnte. Kraftsportler hätten insbesondere in den 80er Jahren Anabolika in größeren Mengen und unkontrolliert eingenommen, ohne sich der Konsequenzen, die jetzt zu Tage treten, bewusst gewesen zu sein.


Wissenschaftliche Details

Wie viele Sportler weltweit anabol-androgene Steroide (Anabolika) nutzen um den Muskelaufbau zu beschleunigen, ist nicht bekannt. Geschätzt 80 % der Anabolika-Nutzer sind keine Leistungssportler, sondern betreiben ihren Sport in der Freizeit. Seit den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts, als die Präparate in der Kraftsportszene weite Verbreitung fanden, werden diese Präparate oft auch unkontrolliert illegal konsumiert.

Kardiologen und Radiologen von der Harvard Medical School in Boston haben die Langzeitfolgen der künstlichen körperlichen Leistungssteigerung im Detail untersucht und jetzt nachgewiesen, dass Anabolika nicht nur kurzfristig, sondern auch dauerhaft Herz und Gefäße schädigen können. 140 Männer im Alter von 34 bis 54 Jahren, die in ihrer Freizeit Gewichtheben betrieben, unterzogen sich Funktionstests an Herz und Gefäßen. 86 von ihnen gaben an, über einen Zeitraum von mindestens zwei Jahren Anabolika eingenommen zu haben. 58 nutzten diese noch zu Studienbeginn; 54 verzichteten gänzlich auf Anabolika.

Aus der transthorakale Echokardiografie (Ultraschalluntersuchung des Herzens) ging hervor, dass die Pumpleistung des Herzens bei allen Gewichthebern, die Anabolika im Verlauf der Studie nutzten, im Vergleich zu den Freizeitsportlern, die die Präparate abgesetzt oder darauf verzichtet hatten, geschwächt war. Dabei wurde sowohl die systolische als auch die diastolische Funktion der linken Herzkammer bewertet, das heißt es wurde untersucht, mit welcher Kraft und mit welcher Elastizität die Herzkammer sich zusammenzieht bzw. erschlafft. Das Maß für die systolische Funktion der linken Herzkammer ist die so genannte Ejektionsfraktion (EF), die Auswurfleistung. Sie beschreibt den prozentualen Anteil des Bluts, der nach dem Zusammenziehen der linken Kammer in die große Körperschlagader befördert wird. Die diastolische Funktion der linken Herzkammer ist hingegen über die frühe Relaxationsgeschwindigkeit bestimmt (2).

Die linksventrikuläre Auswurfleistung der Anabolika-Nutzern lag um durchschnittlich 11 % unter der der nicht-Anabolika-Nutzer (52 versus 63 %). Bei 41 der 58 aktuell Steroide Konsumierenden wurde mit < 52 % für die linksventrikuläre EF ein Wert unterhalb der als gesund geltenden Untergrenze gemessen. Gewichtheber, die Anabolika in der Vergangenheit absetzt hatten, verfügten über eine normale linksventrikuläre Auswurfleistung. Die Kardiologen gehen davon aus, dass Anabolika den Herzmuskel zwar zeitweise schwächen, dieser sich im Laufe der Präparat-freien Zeit jedoch erholen kann.

Anders bei der diastolischen Funktion der linken Herzkammer: Dieser war bei den Gewichtshebern, die keine Anabolika mehr konsumierten ebenso geschwächt wie bei Gewichthebern, die noch aktiv zu den Präparaten griffen (frühe Relaxations-Geschwindigkeit: 9,3 cm/s versus 11,1 cm/s). Die Wissenschaftler folgerten daraus, dass Anabolika nicht-reparable Schädigungen am Herzmuskel auslösen, die die Elastizität der linken Herzkammer stören.

Bilder aus der Computertomografie zeigten zudem eine größere Menge an Plaques in den Koronararterien der Anabolika-Konsumenten als bei den Nichtanwendern. Die Ablagerungen waren umso umfangreicher, je mehr und je länger die Sportler Anabolika konsumierten. Auch traten zu hohe Werte für den systolischen sowie diastolischen Blutdruck sowie zu hohe LDL-Cholesterin-Werte häufiger bei den Anabolika‑Nutzern auf. Anabolika, so die Wissenschaftler, können auf langer Sicht die Entwicklung einer Atherosklerose und einer koronaren Herzerkrankung begünstigen.


Zum Weiterlesen

(1) A.L. Baggish et al. (2017): Cardiovascular Toxicity of Illicit Anabolic-Androgenic Steroid Use. In: Circulation, Vol. 135, S. 1991-2002. Online unter http://circ.ahajournals.org/content/135/21/1991.long

(2) Für die schnelle Information vgl. Echokardiografie. Website https://www.internisten-im-netz.de/de_echokardiografie_384.html

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