Ein ausschließlich mit künstlicher Intelligenz (KI) entwickeltes Modell kann das Sterblichkeitsrisiko bei Patienten mit koronaren Herzerkrankungen besser vorhersagen als ein herkömmliches Prognose-Tool, das von medizinischen Experten entworfen wurde, publizierte jetzt das Journal Plos One (1).
Wissenschaftler aus dem Londoner Francis Crick-Institut hatten selbstlernende Algorithmen darauf trainiert, Muster für die Überlebenschancen von rund 80.000 Herzpatienten der CALIBER-Plattform zu finden. Verglichen mit einem elektronischen Vergleichsportal, das eine von Ärzten getroffene Vorauswahl von 27 Risikofaktoren bewertete, zogen die lernfähigen Algorithmen 586 Einflussgrößen in Betracht. Darunter fanden sich Kriterien, die in herkömmlichen Sterblichkeitsanalysen nicht beachtet werden, etwa das Fehlen von Angaben oder die Art der hausärztlichen Betreuung.
Wissenschaftliche Details
Fortschritte in der Präzisionsmedizin erfordern eine immer individuellere Bewertung der Prognose für das Überleben der Patienten. Elektronische Patientenakten bieten hierfür eine reichhaltige Datenquelle, denn sie enthalten eine Vielzahl von Angaben über die Krankengeschichte der Patienten, einschließlich der Symptome, Untersuchungsergebnisse, Testergebnisse, Vorschriften und Verfahren. Die Auswahl von Informationen, die für den weiteren Verlauf der Erkrankung und deren Behandlung entscheidend sind, beruht auf der Expertenkompetenz von Medizinern.
Ob durch künstliche Intelligenz genauere Vorhersagemodelle für die koronare Herzerkrankung entwickelt werden können, indem Eingriffe durch Personen in die Datenbewertung reduziert werden, beschäftigte Wissenschaftler von Francis Crick-Institut in London. Gemeinsam mit Kollegen des Farr Institute of Health Informatics Research und des University College London NH Hospitals Trusts verwendeten sie Datensätze von rund 80.000 Herzpatienten im Alter von 43 bis 90 Jahren aus der CALIBER-Datenbank, um lernfähige Algorithmen und Sterblichkeitsmuster zu trainieren. CALIBER gilt hinsichtlich Alter, Geschlecht, ethnischer Zugehörigkeit und Sterblichkeit der Patienten als repräsentativ für die Bevölkerung Englands.
Die Algorithmen identifizierten in der Auswertung der elektronischen CALIBER-Akten 586 Komponenten, die mit dem Mortalitätsrisiko der Patienten infolge einer koronaren Herzerkrankung in Verbindung standen. Dabei gewannen Komponenten an Bedeutung, die bei Prognosen in herkömmlichen Verfahren bislang keine Beachtung fanden, wie etwa fehlende diagnostische Angaben, ausgebliebene Untersuchungen oder die Art der hausärztlichen Betreuung. Das rein durch maschinelles Lernen gefundene Muster bildete die Sterbewahrscheinlichkeit der Herzpatienten genauer ab als ein elektronisches Prognosemodell, das 27 von Fachleuten ausgewählte Risikofaktoren für die koronare Herzerkrankung berücksichtigte.
Dies zeigt, dass mit Hilfe von Algorithmen, die auf Rohdaten aus elektronischen Krankenakten angewendet werden, neue Vorhersagevariablen identifiziert werden können. Maschinelles Lernen ist ein enorm leistungsfähiges Instrument in der Medizin und kann die Art und Weise, wie Patienten in den nächsten Jahren versorgt werden, revolutionieren, so die Überzeugung der Studienautoren (2).
Zum Weiterlesen
(1) A.J. Steele et al. (2018): Machine learning models in electronic health records can outperform conventional survival models for predicting patient mortality in coronary artery disease. In: PLoS One, Vol. 13, Nr. 8, e0202344. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6118376/
(2) A. Raijkomar et al. (2018): Scalable and accurate deep learning with electronic health records. In: npj Digital Medicine, Vol. 1, Nr. 18. Online unter https://www.nature.com/articles/s41746-018-0029-1