Prävention und Behandlung von Hautkrebs

Die drei häufigsten Krebsarten der Haut sind:

  • Malignes Melanom (“schwarzer Hautkrebs”)
  • Basalzellkarzinom (“weißer Hautkrebs”)
  • Spinozelluläres Karzinom (“weißer Hautkrebs”)

Das Basalkarzinom (Basaliom) entsteht an den Basalzellen der Oberhaut, zumeist an Hautpartien, die viel Sonnenstrahlung ausgesetzt sind. Beim spinozellulären Karzinom (Spinaliom oder Stachelzellkarzinom) handelt es sich um ein Plattenepithelkarzinom der Oberhaut. Das Spinaliom entsteht ebenfalls durch zu viel Sonnenstrahlung, zumeist im Gesicht der Patienten. Das Basaliom bildet nahezu nie Metastasen, während das Spinaliom nur sehr selten Metastasen bildet. Weitaus gefährlicher als diese beiden weißen Hautkrebsarten ist das maligne Melanom, der sogenannte schwarze Hautkrebs. Er entsteht, wenn sich die Melanozyten, das sind die pigmentbildenden Zellen der Haut, in bösartige Tumorzellen umwandeln (Abb. 1). Das maligne Melanom ist so gefährlich, da es häufig bereits frühzeitig in die umgebenen Lymphknoten und darüber hinaus in andere Organe metastasiert. Glücklicherweise werden die meisten Melanome, etwa 90 Prozent, bereits im Frühstadium entdeckt und können operativ entfernt und geheilt werden [1].

Im Gegensatz zu den weißen Hautkrebsarten kann ein Melanom überall am Körper auftreten. Es entwickelt sich oft aus einem bestehenden Leberfleck oder es tritt spontan auf. Besonders schwer zu erkennen ist das Melanom, wenn es sich in Schleimhäuten, etwa der Nase, oder im Genitalbereich, an den Fuß- oder Fingernägeln oder unter den Fußsohlen bildet. Deshalb sollte eine regelmäßige Untersuchung durch einen Hautarzt stattfinden. Gesetzliche Krankenkassen bezahlen eine Vorsorgeuntersuchung alle 2 Jahre (für Personen ab 35 Jahren).

Wie entsteht Hautkrebs?

Abb. 2: Epidemiologie des Malignen Melanoms

Abbildung 2: Epidemiologie des malignen Melanoms

Hautkrebs gehört weltweit zu den häufigsten Krebserkrankungen überhaupt. Da vor allem der weiße Hautkrebs von den meisten Krebsdatenbanken nicht erfasst wird, lässt sich die genaue Zahl der Erkrankungen schlecht abschätzen. Gemäß Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation WHO erkranken jedes Jahr weltweit zwei bis drei Millionen Menschen an weißem Hautkrebs. Für das maligne Melanom liegen die Schätzungen bei ca. 130.000 Fällen [2]. Aktuelle Erhebungen der Skin Cancer Foundation (einer amerikanischen Stiftung zur Forschung und Bekämpfung von Hautkrebs) deuten darauf hin, dass etwa jede dritte neu diagnostizierte Krebserkrankung die Haut betrifft, und dass in etwa jeder fünfte Amerikaner im Laufe seines Lebens an Hautkrebs erkranken wird. In Deutschland liegt die Zahl der jährlich an weißem Hautkrebs erkrankten Personen nach Angaben der Europäischen Hautkrebsstiftung bei etwa 250.000 Menschen. An einem malignen Melanom erkranken nach Schätzungen des Robert-Koch-Instituts jährlich etwa 18.000 Menschen (Abb. 2). Personen im Alter zwischen 45 und 60 Jahren sind besonders häufig betroffen. Bei Frauen beträgt das Durchschnittsalter zum Zeitpunkt der Erstdiagnose 58 Jahre, bei Männern 64 Jahre [1]. Für die Entstehung des Melanoms spielt auch die Vererbung eine Rolle, da zwischen fünf und zehn Prozent der Erkrankungen in erblich vorbelasteten Familien auftreten [3].

Die Erkrankungsrate hat sich seit den 1980er-Jahren fast verdreifacht. Hierfür machen Wissenschaftler in erster Linie ein verändertes Freizeitverhalten, insbesondere häufiges Sonnenbaden und eine gestiegene Verbreitung von Solarien, verantwortlich. Dies betrifft vor allem die Formen des weißen Hautkrebses, ist aber auch mitverantwortlich für die deutlich angestiegene Rate des schwarzen Hautkrebses. Es ist bekannt, dass die Zahl der Melanom-Neuerkrankungen in Australien deutlich größer ist als in Mitteleuropa (jährlich 50-60 Fälle in Australien gegenüber nur 10-12 Fälle pro 100.000 Einwohner in Mitteleuropa) [4]. Bei Frauen tritt ein malignes Melanom häufiger an den Beinen als am Rumpf (Körper ohne Hals, Kopf, Beine und Arme) auf, während mehr als jedes zweite maligne Melanom bei Männern sich am Rumpf entwickelt, sind die Beine seltener betroffen [5].

Für die Prognose ist beim Melanom vor allem die frühzeitige Diagnose von entscheidender Bedeutung. Bei einem noch kleinen Melanom, das auf die Oberhaut beschränkt ist, sind die Chancen gut, dass die bösartigen Tumorzellen vollständig durch eine Operation entfernt werden können. Dringt der Tumor dagegen bis in die zweite Hautschicht, der sogenannten Dermis, vor, können die bösartigen Tumorzellen leicht über Blut- und Lymphgefäße im ganzen Körper verteilt werden. Die Krebszellen werden in diesem Fall in andere Organe (z.B. Lymphknoten, Knochen, Lunge, Gehirn, Leber) transportiert und bilden dort Metastasen. Falls dies geschehen ist, ist die Krebserkrankung durch eine Operation allein nicht mehr heilbar. In Deutschland sterben jedes Jahr mehr als 2.000 Personen an einem metastasierenden Melanom [1].

Anders als das Melanom neigen die Formen des weißen Hautkrebses nur selten zur Metastasierung in andere Organe. Da diese Tumoren aber oftmals sehr tief ins Gewebe eindringen oder an Stellen am Körper auftreten, die nur schwierig entfernt werden können (wie z.B. Augenbereich, Nase, Ohr), kann ihre operative Entfernung erhebliche Probleme bereiten [5]. Deshalb ist Früherkennung auch im Falle des weißen Hautkrebses sehr wichtig.

Empfehlung: An Hautkrebsvorsorge teilnehmen

Gesetzlich versicherte Frauen und Männer haben ab 35 Jahren in Deutschland alle zwei Jahre Anspruch auf eine Früherkennungsuntersuchung auf Hautkrebs. Deutschland hat damit eine Vorreiterrolle in der Hautkrebsprävention übernommen, da es als erstes EU-Land ein standardisiertes Verfahren zur Früherkennung von Hautkrebs eingeführt hat. Durch die Einführung von Früherkennungsuntersuchungen („Hautkrebs-Screening“)  sollen die Chancen auf Heilung verbessert werden. Wie schon eingangs erwähnt wurde, sind die Heilungschancen insbesondere beim Melanom vergleichsweise gut, falls die Erkrankung frühzeitig, d.h. bevor sich Metastasen gebildet haben, diagnostiziert wird. Das allgemeine Hautkrebsscreening ist vornehmlich den niedergelassenen Ärzten vorbehalten.

Im Rahmen der Screening-Untersuchung findet zunächst eine kurze Befragung zum gesundheitlichen Allgemeinbefinden  statt. Außerdem werden auch Vorerkrankungen und familiär häufig auftretende Erkrankungen abgefragt. Der Arzt untersucht die gesamte Hautoberfläche inklusive der Kopfhaut und der sichtbaren Schleimhäute. Unklare Befunde können mittels Auflichtmikroskopie (Dermatoskopie) abgeklärt werden.

Dass eine systematische Hautkrebsvorsorge Leben retten kann, zeigen die Erfahrungen aus Australien. Dort ist die Zahl der Melanom-Neuerkrankungen erheblich größer als bei uns, da die Hautbelastung durch UV-Strahlung infolge des Klimas und des “Ozonlochs” besonders groß ist. Gleichwohl sterben die Patienten dort seltener als hier an bösartigen Hauttumoren. Das liegt vor allem daran, dass die Vorsorgemaßnahmen schon im Kindergarten und in der Schule beginnen, die Notwendigkeit der Hautkrebsvorsorge auch in der erwachsenen Bevölkerung gut verankert ist und die Mehrheit der Menschen sich an den Vorsorgemaßnahmen beteiligt.

Fortschritt bei der Hautkrebsbehandlung durch personalisierte Medizin

Ein fortgeschrittenes metastasiertes Melanom ist immer lebensbedrohlich. Bisher gab es kaum Möglichkeiten, den an einem metastasierten Melanom erkrankten Patienten wirksam zu helfen. Durch intensive Forschung konnten jedoch in den letzten Jahren erhebliche Fortschritte im Hinblick auf die Behandlung des metastasierten Melanoms gemacht werden. Ein viel versprechender, inzwischen in die klinische Praxis eingeführter Ansatz entstammt der sogenannten „personalisierten Medizin“. Personalisierte Medizin bedeutet in diesem Fall, dass eine molekülgenaue Diagnose mit einer zielgerichteten Therapie kombiniert wird. Dabei greift ein neuer Wirkstoff spezifisch ein Proteinprodukt eines veränderten (mutierten) Gens an. Durch die sogenannten BRAF-V600 Mutation wird an Position 600 der Aminosäurekette Valin hauptsächlich durch Glutamin ersetzt. Die entsprechende Mutation wurde 2002 in Melanomzellen entdeckt [6]. Es konnte gezeigt werden, dass das Vorhandensein von mutiertem BRAF-Protein dafür verantwortlich ist, dass sich die Hautzellen unkontrolliert teilen. Im Folgenden konnte gezeigt werden, dass der neue Wirkstoff spezifisch die mutierte BRAF-V600-Form hemmt, die bei rund der Hälfte aller Fälle des malignen Melanoms festgestellt wird [7]. Durch Inhibierung des mutierten BRAF-V600 kommt es zu einer therapeutisch bedeutsamen Hemmung der Zellteilung der Tumorzellen. Dadurch wird das Tumorwachstum gestoppt und der Tumor schrumpft sogar. Der Wirkstoff wirkt ausschließlich auf Zellen, die die mutierte BRAF-V600-Variante des Proteins bilden. Deshalb wurde parallel zur Medikamentenentwicklung ein Begleittest entwickelt, der die mutierte BRAF-V600-Form des Gens spezifisch nachweist. Durch diesen Test können diejenigen Patienten identifiziert werden, die für diese Behandlung in Frage kommen. Etwa 50 % der humanen malignen Melanome weisen ein mutiertes BRAF V600 auf. Aus den Ergebnissen früher klinischer Studien (Phase I und II) wurde bei einigen Patienten ein zeitlich begrenztes Ansprechen des Tumors auf den Wirkstoff festgestellt, das heißt, dass sich nach einer bestimmten Behandlungsdauer Tumorzellen einen alternativen Signalweg suchen, durch das ihr Wachstum ausgelöst wird.

BRAF V600 Mutationstest

Bevor eine Behandlung mit dem neuen Wirkstoff eingeleitet werden kann, muss die BRAF-Mutation nachgewiesen worden sein. Dies sollte mit einem qualitativ hochwertigen Testverfahren durchgeführt werden. Eine alternative Methode, die in der Klinik zur Erkennung der BRAF Mutation eingesetzt wird, ist u.a. die Sanger Sequenzierung.

Immuntherapie beim Melanom

Im Sommer 2011 wurde ein neuer Wirkstoff zur Immuntherapie des metastasierten malignen Melanoms zugelassen. Dabei handelt es sich um ein Immuntherapeutikum aus der Gruppe der monoklonalen Antikörper. Die Substanz wird als Mittel der 2. Wahl nach einer Chemotherapie und/oder nach einer Therapie mit Interferon-alpha bzw. Interleukin-2  zur Behandlung von fortgeschrittenen Melanomen bei Erwachsenen eingesetzt. Studienergebnisse weisen darauf hin, dass der Wirkstoff bei einigen Patienten zu einem langen, teilweise sogar dauerhaften Verschwinden der Melanommetastasen führen kann.

Ausblick

Neben der BRAF-V600-Mutation (ca. 50% der Fälle) spielen weitere Mutationen (ca. 15% der Fälle) bzw. Amplifikationen eine wichtige Rolle bei der Melanomentstehung. Dazu befinden sich aktuell weitere Wirkstoffe in der klinischen Erprobung. Als Fazit kann gesagt werden, dass durch die dynamisch verlaufende Forschung zukünftig eine Palette aussichtsreicher personalisierter Therapieansätze zur Behandlung des Melanoms zur Verfügung stehen wird.

Nach mehr als 30 Jahren des weitgehenden Stillstands bei der Behandlung des metastasierten Melanoms erfolgt durch die Einführung neuer Wirkstoffe in die Melanomtherapie aktuell ein Paradigmenwechsel. Anstelle einer wenig spezifischen konventionellen Chemotherapie,  bei der erst im Nachhinein festgestellt werden kann, ob ein Patient auf die Therapie anspricht oder nicht, werden  bereits vor Therapiebeginn die für die Therapie geeigneten Patienten durch den begleitenden Mutationstest identifiziert. Dieser personalisierte Therapieansatz ist deshalb außerordentlich zielgerichtet und sehr viel spezifischer als konventionelle Therapien.

Personalisierte Medizin wird aus Sicht der Assmann-Stiftung für Prävention zukünftig in der Medizin zunehmend eine wichtige Rolle spielen. Dies gilt insbesondere auch für die Präventivmedizin. Durch Früherkennung von Erkrankungsrisiken, z.B. auf der Grundlage von Gen- und/oder Biomarkertests, können Präventionsmaßnahmen frühzeitig und zielgerichtet eingeleitet werden. Neben Umweltfaktoren, ist ein erheblicher Teil des Erkrankungsrisikos für häufige Volkskrankheiten, wie Diabetes, koronare Herzkrankheit, Schlaganfall oder Krebs, durch vererbbare Faktoren bedingt.


Quellen

[1] Robert Koch-Institut (Hrsg) und die Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (Hrsg) (2012): Krebs in Deutschland 2007/2008. 8. Ausgabe. Berlin.

[2] R. Lucas et al. (2006): Solar ultraviolet radiation: global burden of disease from solar ultraviolet radiation. Environmental burden of disease series. Nr. 13.  World Health Organization (Hrsg). Genf, 2006.

[3] J.N. Bishop, M. Harland, D.T. Bishop (2006): The genetics of melanoma. In: British Journal of Hospital Medicine, Vol. 67, Nr. 6, 299-304.

[4] C. Garbe et al. (2007): Kurzleitlinie – Malignes Melanom der Haut. In: Journal of the German Society of Dermatology.

[5] C. Garbe et al. (2009): Tumoren der Haut. Grundlagen, Diagnostik und Therapie in der dermatologischen Onkologie. 1. Auflage. Thieme Verlag, Stuttgart.

[6] H. Davies et al. (2002): Mutations of the BRAF gene in human cancer. In: Nature, Vol. 417, Nr. 6892, S. 949–954.

[7] J. Tsai et al. (2008): Discovery of a selective inhibitor of oncogenic B-Raf kinase with potent antimelanoma activity. In: Proceedings of the National Academy of Science of the United States of America, Vol. 105, Nr. 8, S. 3041–3046.