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Körpergröße als ein Anhaltspunkt für die individuelle Gefährdung durch Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs [127]

Wer zu mager oder auch zu dick aussieht, gerät manchmal in den Verdacht, krank zu sein. Sehr groß gewachsene oder sehr klein gebliebene Menschen lösen hingegen eher freundliche Neugier aus. Doch auch die Körpergröße kann aussagekräftig sein, wenn es darum geht, Risiken für chronische Erkrankungen abzuschätzen. Wer sehr groß gewachsen ist, leidet statistisch gesehen zwar seltener unter Herz-Kreislauferkrankungen, erkrankt dafür häufiger an Krebs. Klein gebliebene Erwachsene hingegen sind von Herz-Kreislaufschwäche und Herzinfarkten viel öfter und von Tumoren weniger betroffen als hochwüchsige.
Wissenschaftler aus Deutschland und den USA empfehlen jetzt, in der Prävention von chronischen Erkrankungen der Körpergröße mehr Beachtung zu schenken.
So könnte beispielsweise der Verzicht auf eine eiweißlastige Überernährung von Kindern unverhältnismäßige Wachstumsschübe bremsen und das Risiko, später an Krebs zu erkranken, verringern.


Wissenschaftliche Details

Faktoren, die die Körpergröße steuern, können auch das individuelle Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen und Krebs beeinflussen. Und damit bieten sie zugleich einen Ansatzpunkt zu deren Vorbeugung. Ein Team deutscher Ernährungswissenschaftler und Stoffwechselforscher stellt jetzt in Zusammenarbeit mit Frank Hu von der Harvard School of Public Health in Boston ein Muster für die Verbindung von Körpergröße und Sterblichkeit aufgrund chronischer Erkrankungen vor (1):
Groß gewachsene Menschen leiden im Vergleich zu den klein gebliebenen Erwachsenen seltener an Herz- und Kreislauferkrankungen sowie an Typ 2 – Diabetes. Aktivere Wachstumsfaktoren schützen sie in der Regel mehr vor Fettstoffwechselstörungen und vor einen frühen Tod infolge eines Herzinfarktes oder auch eines Schlaganfalles. Dieser biochemische Schutzmechanismus hat jedoch seinen Preis, denn allzu aktive Wachstumsfaktoren können die Entwicklung von Tumoren besonders bei hochgewachsenen Menschen begünstigen.
In Zahlen ausgedrückt:
Je 6,5 cm zusätzlicher Körpergröße verringert sich das Risiko, an einem Herzinfarkt oder an einem Schlaganfall zu sterben, um jeweils sechs Prozent. Allerdings vergrößert sich mit der dazugewonnenen Länge die Gefahr für einen krebsbedingten Tod und zwar pro 6,5 cm um vier Prozent.

Wie groß ein Mensch wächst, ist weitestgehend in den Genen angelegt (2). Doch weil weltweit mehr und mehr erwachsen gewordene Kinder ihre Eltern körperlich überragen, werden zunehmend auch veränderte Ernährungsgewohnheiten mit einbezogen, um diesen Trend zu erklären. Der steigende Milch-Konsum ist dabei einer der Faktoren. Beispielsweise nimmt in China mit dem Verbrauch von Milch die durchschnittliche Körpergröße von Jugendlichen sprunghaft zu. Und in den Niederlanden, der Region mit dem höchsten Milch-Konsum überhaupt, sind die Männer heute rund 20 cm größer gewachsen als ihre Urgroßväter.

Die Wissenschaftler vermuten in den Auslösern für ein beschleunigtes Längenwachstum generell auch einen Grund für die Zunahme von Krebserkrankungen.
Analysen zeigen, dass ein übermäßiger Konsum von tierischen Eiweißbestandteilen, während der Schwangerschaft, in der frühesten Kindheit und in der Pubertät ein überdurchschnittliches Größenwachstum über Generationen hinweg stimulieren kann. Das Überangebot an Kalorien und an tierischem Eiweiß in den sensiblen Wachstumsphasen eines Kindes aktiviert insulinähnliche Wachstumsfaktoren (IGF-1/2) überdurchschnittlich. Mehr Stammzellen bilden sich; infolge dessen der Körper mehr wächst. Dieser zusätzliche Wachstumsschub vergrößert die Insulinempfindlichkeit ebenso wie die Intensität des Fettstoffwechsels. Doch auch Wachstumsgrenzen dieser so gepuschten Entwicklung manifestieren sich, indem das Risiko für entartetes Zellwachstum insbesondere für Brustkrebs, Dickdarmkrebs und für den schwarzen Hautkrebs mit der Körperlänge zunimmt (3).

Wenn auch im Detail noch ungeklärt bleibt, auf welche Weise Größenwachstum und die Entstehung chronischer Erkrankungen verknüpft sind – es ist statistisch offensichtlich, dass die Ernährungsgewohnheiten dabei eine entscheidende und eine nicht zu vernachlässigende Rolle spielen. Wenn es gelingt, während der Schwangerschaft, in der frühen Kindheit und in der Pubertät auf Überernährung zu verzichten, dann könnte, so die Wissenschaftler, nicht nur krankhaftes Übergewicht als ein Mittler für Herz-Kreislauferkrankungen, sondern auch übermäßiges Größenwachstum als ein Impuls für das höhere Krebsrisiko im späteren Leben vermieden werden (4).


Zum Weiterlesen

(1) N. Stefan et al. (2016): Divergent associations of height with cardiometabolic disease and cancer: epidemiology, pathophysiology, and global implications. In: The Lancet Diabetes and Endocrinology, Vol. 4, Nr. 5, S. 457–467. Online unter https://www.thelancet.com/journals/landia/article/PIIS2213-8587(15)00474-X/fulltext

(2) C.P. Nelson et al. (2015): Genetically Determined Height and Coronary Artery Disease. In: The New England Journal of Medicine, Vol. 372, S. 1608-1618. Online unter http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1404881#t=article

(3) The Emerging Risk Factors Collaboration (2012): Adult height and the risk of cause-specific death and vascular morbidity in 1 million people: individual participant meta-analysis. In: International Journal of Epidemiology, Vol. 41, Nr. 5, S. 1419-33. In: International Journal of Epidemiology, Vol. 41, Nr. 5, S. 1419-33. Online unter http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22825588

(4) Assmann-Stiftung für Prävention (2015): Gesunde Ernährung. Online unter https://www.assmann-stiftung.de/gesunde-ernaehrung/

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