fbpx

Kindergesundheit und kindliches Wohlbefinden in Deutschland im internationalen Vergleich [70]

Der Unicef-Bericht zur Lage der Kinder in den Industrieländern 2013

Die dritte internationale Unicef-Vergleichsstudie zur Lage der Kinder in den Industrieländern stellt Deutschland ein gutes Zeugnis aus (1).

Wenn Lebensbedingungen wie relative Armut, Gesundheit und Bildung von Kindern und Jugendlichen in den 29 Industrienationen miteinander verglichen werden, belegt Deutschland den Rang fünf auf der Liste. Lediglich die Niederlande und die skandinavischen Länder Norwegen, Island, Finnland und Schweden schneiden noch besser ab.

Diese gute Bewertung ergibt sich einerseits aus dem nunmehr besseren Abschneiden bei dem Pisa-Testen und andererseits aus Fortschritten im gesundheitsförderlichen Verhalten seit der Publikation des zweiten Unicef-Berichts im Jahr 2010 (2).

In keinem anderen der untersuchten Länder hat sich der Anteil der Kinder und Jugendlichen, die rauchen, im Berichtszeitraum so deutlich reduziert wie in Deutschland. Auch Alkohol und Cannabis werden deutlich seltener konsumiert. Rückläufig ist ebenso die ohnehin niedrige Zahl von Teenagerschwangerschaften. Deutsche Schülerinnen und Schüler leiden nach eigenen Angaben etwas seltener als früher an Mobbing. Sie zeigen sich auch weniger gewaltbereiter als wie noch im Jahr 2010 beschrieben.

Doch zwei negative Tendenzen mischen sich unübersehbar in die Erfolgsbilanz. Mädchen und Jungen in Deutschland sind deutlich häufiger übergewichtig und gravierend oft unzufriedener mit ihrem Leben als Gleichaltrige in anderen Ländern.

Aus der ländervergleichenden Analyse leitet das Kinderhilfswerk Unicef drei  Schlussfolgerungen ab, die, als Empfehlungen an die Politiker formuliert, die Lebenssituation der Kinder und Jugendlichen in Deutschland verbessern können.

1. Kampf gegen Kinderarmut gezielt verstärken

In der Kategorie Materielles Wohlbefinden von Kindern bewegt sich Deutschland lediglich im Mittelfeld der Skala. Die Niederlande und Norwegen führen die Liste an, an ihrem Ende finden sich die USA, Litauen, Lettland und Rumänien.  Armut lässt sich aussagekräftig vor allem am Deprivationsindex ablesen. Dieser erfasst den konkreten Mangel an 14 Gütern und Angeboten wie regelmäßige Mahlzeiten, ein Platz für Hausaufgaben, Internetanschlüsse und Freizeitaktivitäten (3).

Deutschland schneidet mit Platz 14 in der Reihung der Deprivationsindizes schlechter ab als Dänemark oder Schweden, obgleich sich das Pro-Kopf-Einkommen in allen drei Ländern ähnelt. Auch Großbritannien, Irland, Spanien und Zypern liegen noch vor Deutschland. Unicef fordert die deutschen Politiker auf, mit einer nationalen Agenda gegen die Kinderarmut gezielt die wirtschaftlich schwächsten Familien fördern. Besondere Unterstützung soll vor allem den Alleinerziehenden zuteilwerden.

2. Kindergesundheit fördern

Übergewicht ist in allen Industrienationen zunehmend zum Problem geworden. Der Anteil übergewichtiger Kinder beträgt mittlerweile im Minimum mehr als 10 %, in den USA, in Griechenland und in Kanada sogar mehr als 20 %. Doch einige Länder wie Belgien, Frankreich, Spanien und Großbritannien konnten diesen Trend umkehren. Der Anteil Übergewichtiger sinkt dort in den letzten Jahren.

Deutschland hat diese Trendwende noch nicht geschafft. Hier  leiden nach Angaben von Unicef sogar mehr als 15 % der Kinder und Jugendlichen an Übergewicht. Hinweise auf das Potential zur Verbesserung der Situation bieten die Statistiken zu den  Alltagsgewohnheiten. Weniger als die Hälfte der 11-, 13- und 15-Jährigen geben an, täglich Obst zu essen, nur knapp 70 Prozent frühstücken täglich und nur etwas mehr als 20 Prozent bewegen sich körperlich täglich mehr als eine Stunde.

Sport, Bewegung und ausgewogene Ernährung sollen in Deutschland künftig einen höheren Stellenwert erhalten. Unicef empfiehlt die Einführung eines Unterrichtsfachs Gesunde Ernährung sowie eines gesundheitsorientierten Sportunterrichts  in den Kindergärten und Schulen.

3. Kinder und ihre Rechte stärken

Deutsche Kinder und Jugendliche schätzen ihre Lebenssituation wesentlich negativer ein als es die Durchschnittswerte in den äußeren Lebensbedingungen erwarten lassen. Im Unterschied dazu geben Gleichaltrige in Griechenland, Spanien und Estland an, mit ihrem Leben sehr zufrieden zu sein, ohne tatsächlich besonders günstige Lebensumstände vorzufinden.

Zu hoher Leistungsdruck kann eine mögliche Ursache sein, dass deutsche  Schülerinnen und Schüler sich wenig wertgeschätzt fühlen und mit sich und dem Leben unzufrieden sind. Unicef empfiehlt, die junge Generation nicht nur hinsichtlich ihres künftigen Leistungsvermögens zu beurteilen.

Liebe und Zuneigung, feste Bindungen und Aufmerksamkeit, Zeit und Freiraum für Spiel sind maßgeblich auch für die Kindergesundheit.

Unicef spricht insbesondere die Kommunen an, für mehr Kinderfreundlichkeit und Kindergerechtigkeit im Alltag zu sorgen. Auf nationaler Ebene setzt sich Unicef für die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz ein.

Zum Weiterlesen:

(1)  Unicef 2013. Child Well-being in Rich Countries: A comparative overview Innocenti Report Card 1. Abrufbar unter: http://www.unicef-irc.org/publications/pdf/rc11_eng.pdf sowie in der Zusammenfassung der Ergebnisse vom Deutschen Komitee für UNICEF e.V.: UNICEF-Bericht zur Lage der Kinder in Industrieländern 2013. Abrufbar über  www.unicef.de/blob/…/unicef-bericht-2013-zusammenfassung-data.pdf

(2)  Der Unicef – Bericht 2010: www.unicef.de/…/ar-005-zur-lage-der-kinder-in-deutschland-2010-pdf-.

(3)  Zur Problematik der Vermessung von Armut und Deprivation vgl. z.B. C. Schröder (2013).  Armut in Europa. In: IW-Trends – Vierteljahresschrift zur empirischen Wirtschaftsforschung aus dem Institut der deutschen Wirtschaft Köln, 40. Jahrgang, Heft 1/2013. S. 1 – 17. DOI: 10.2373/1864-810X.13-01-06. Abrufbar über:
www.iwkoeln.de/_storage/asset/…/file/…/TR-1-2013%20Schroeder.pdf

Comments are closed.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Unsere Webseite nutzt Cookies. Wenn Sie auf dieser Webseite bleiben, nehmen wir an, dass Sie damit einverstanden sind. Sie können unsere Cookies löschen. Wie das geht, erfahren Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Schließen