Kurz nach einer Infektion mit Grippe-Viren kann das Herzinfarkt-Risiko bis um das Sechsfache ansteigen. Besonders Ältere sind gefährdet. Für den Laien zunächst schwer ersichtlich, ist der Zusammenhang zwischen Virusinfektion und Herzinfarkt für die Studienautoren schlüssig: Sie vermuten eine virusbedingte Schwächung des gesamten Organismus inklusive der Herzgefäße, was einen Herzinfarkt begünstigen kann. Präventionsmaßnahmen umfassen neben einer gewissenhaften Körperhygiene auch eine Grippeimpfung für bestimmte Personengruppen (z.B. ältere Menschen ab 60 Jahren).
Wissenschaftliche Details
Während einer Grippewelle häufen sich auch die Herzinfarkte. Wie eng diese Verbindung tatsächlich ist, haben kanadische Wissenschaftler jetzt erstmals mit den Daten von 364 Herzinfarktpatienten nachweisen können. Ihre Ergebnisse wurden im New England Journal of Medicine veröffentlicht.
Innerhalb der ersten sieben Tage nach einer Infektion mit Grippeviren stieg die Wahrscheinlichkeit, einen Herzinfarkt zu erleiden, um das 6-fache an; bei den über 65-Jährigen sogar um das 7,3-fache. Nach Ablauf der ersten Infektionswoche hatte sich die Herzinfarktgefahr wieder normalisiert. Patienten, die vor der Grippe schon einen Herzinfarkt erlitten hatten, waren weniger anfällig als Probanden ohne bisherigen Herzinfarkt. Besonders gefährlich für alle erwiesen sich Infektionen mit Influenzaviren vom Typ B, die im Vergleich zum Typ A um das Doppelte zum erhöhten Herzinfarktrisiko beitrugen. Das Influenza-A-Virus ist weltweit am meisten verbreitet und gilt als der gefährlichste Influenza-Typ, das Typ-B-Virus hingegen ist seltener und kann beim Menschen zu schweren Atemwegserkrankungen führen.
Doch auch für andere Viren, die akute Atemwegsinfektionen auslösen, wie beispielsweise für den Respiratory-Syncytial-Virus, konnte eine Verbindung zum Herzinfarktrisiko nachgewiesen werden. Die Wissenschaftler von der Universität in Toronto gehen nicht davon aus, dass der Herzinfarkt direkt von den Viren auslöst wird. Sie vermuten, dass die den gesamten Organismus strapazierenden Vireninfektionen insbesondere auch die Herzgefäße schwächen.
Zusammenfassend gesagt könnten ein Lebensalter über 65 Jahren, eine Infektion mit Influenza B-Viren sowie kein bisheriger Herzinfarkt das Risiko erhöhen, in der ersten Woche nach einer Grippeinfektion einen Herzinfarkt zu erleiden. Gefährdete Personen sollten daher Präventionsmaßnahmen einer Grippeinfektion besonders beachten. Dazu zählt eine umfassende Körperhygiene (z.B. häufiges Händewaschen) ebenso wie regelmäßige und vorschriftskonforme Impfungen. Das Robert-Koch-Institut empfiehlt eine Influenzaimpfung ausgewählten Personengruppen; hierzu zählen unter anderem Personen ab 60 Jahren, Bewohner von Alters- oder Pflegeheimen, Frauen während einer Schwangerschaft in der Influenzasaison im Winter sowie Personen mit erhöhter gesundheitlicher Gefährdung (z.B. einer chronischen Erkrankung der Atemwege) oder solche, die als mögliche Infektionsquelle für Risikopersonen dienen könnten bzw. Personen mit einem erhöhten beruflichen Risiko (z.B. medizinisches Personal). In jedem Fall gilt es, mögliche Symptome eines Herzinfarktes, insbesondere bei zeitgleichem Auftreten mit einem oder mehreren der oben genannten Risikofaktoren, ernst zu nehmen und bei Bedarf zeitnah einen Arzt aufzusuchen.
In Deutschland ist der Zusammenhang zwischen einer Grippeinfektion und dem Anstieg des Herzinfarkt-Risikos bislang nicht untersucht. Aufgrund der demographischen Ähnlichkeit zu Kanada, wo die beschriebene Studie durchgeführt wurde, kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Studienergebnisse zumindest in Teilen auf die deutsche Bevölkerung übertragbar sind.
Zum Weiterlesen
J.C. Kwong et al. (2018): Acute Myocardial Infarction after Laboratory-Confirmed Influenza Infection. In: The New England Journal of Medicine, Vol. 378, S. 345-353. Online unter http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1702090