Eine kürzlich im British Medical Journal veröffentlichte Studie zeigte, dass Herzinfarkte und Schlaganfälle bei erwachsenen Briten seltener auftraten, wenn sie regelmäßig und moderat Alkohol tranken (1). Zuviel schadete dem Herz und den Gefäßen hingegen. Herzstillstand, Herzschwäche und der Schlaganfall kamen bei erhöhtem Alkoholkonsum häufiger vor. Die Gefahr für Herzinfarkt und Angina Pectoris verringerte sich allerdings geringfügig trotz des höheren Alkoholkonsums.
Die Ergebnisse beruhen auf Gesundheitsdaten von 1,9 Millionen erwachsenen Briten, die entsprechend ihres durchschnittlichen Alkoholkonsums (pro Tag oder Woche) eingeteilt wurden. Die oberste Grenze für einen mäßigen Alkoholkonsum lag für Männer bei sechs Gläsern Wein oder sechs Pints Bier in der Woche, für Frauen bei jeweils vier. Es wurde verglichen, inwieweit sich der Alkoholkonsum spezifisch auf das Risiko von zwölf Herz- und Gefäßerkrankungen auswirkt.
Die Daten zeigten, dass ein geringer Alkoholkonsum durchaus vor Herz- und Gefäßerkrankungen schützen kann. Der Effekt ist allerdings gering und mögliche Empfehlungen sollten mit Vorsicht genossen werden. Ein sicherer und effektiverer Weg, das Risiko für Herz- und Gefäßerkrankungen zu vermindern ist, die sportliche Aktivität zu erhöhen und das Rauchen einzustellen.
Wissenschaftliche Details
Herz- und Gefäßerkrankungen traten bei über 30-jährigen Briten seltener auf, wenn sie regelmäßig und wenig Alkohol tranken. Abstinenzler waren hingegen im Vergleich zu denen, die Alkohol in moderaten Mengen genossen, zu einem um rund ein Drittel höherem Risiko für koronare Herzkrankheiten ausgesetzt. Schlaganfälle trafen sie um rund ein Achtel häufiger. Wissenschaftler von der Universität Cambridge und dem University College London ermittelten aus der CALIBER (ClinicAl research using LInked Bespoke studies and Electronic health Records) Datenbank für die Abstinenzler im Detail ein Hazard Ratio (HR) [1] von je:
- HR 1,33 für die instabile Angina pectoris
- HR 1,32 für den Herzinfarkt
- HR 1,56 für den plötzlichen Herztod
- HR 1,24 für die Herzinsuffizienz
- HR 1,22 für die periphere arterielle Verschlusskrankheit
- HR 1,32 für das abdominale Aortenaneurysma
- HR 1,12 für den ischämischen Schlaganfall.
Sie schlossen daraus, dass eine geringe Menge an Alkohol durchaus mithelfen kann, Herz und Gefäße gesund zu halten. Der Alkoholkonsum von über 1,9 Millionen erwachsenen Briten, deren Gesundheitsdaten in die Untersuchung einflossen, ist nach Auskünften geschätzt worden, den diese ihren Hausärzten gaben. Daraus errechneten die Wissenschaftler Alkoholeinheiten zur Bewertung des mäßigen bzw. des erhöhten Alkoholkonsums. Der Grenzwert pro Woche lag für die 49 % Männer in der Studie bei 21 Einheiten, die vergleichbar sind mit sechs Gläsern Wein, mit sechs Pints Bier, mit fünf Pints Cidre oder mit 14 hochprozentigen Schnäpsen à 25 ml. Für die 51 % Frauen lag der Grenzwert bei 14 Einheiten.
Probanden, die regelmäßig Alkohol über diese Grenzwerte hinaus tranken und zu Studienbeginn noch herzgesund waren, entwickelten während der sechsjährigen Beobachtungszeit gesundheitliche Beeinträchtigungen. Bei ihnen kam der Herzstillstand doppelt so häufig vor als bei den die moderat Alkohol tranken. Der plötzliche Herztod und die Herzinsuffizienz traten um rund ein Viertel häufiger auf, der Schlaganfall um rund ein Drittel. Das Risiko für einen Herzinfarkt (HR 0,88; 0,79-1,00) oder für eine stabile Angina (HR 0,93; 0,86-1,00) verminderte sich allerdings trotz des höheren Alkoholpegels geringfügig.
Die Wissenschaftler gelangten insgesamt zu der Einschätzung, dass sich moderater Alkoholkonsum herz- und gefäßschützend auswirken kann, wobei sein Einfluss auf das Risiko für die 12 untersuchten kardiovaskulären Krankheitsbilder sehr heterogen ausfiel. Übermäßig genossen, schadet Alkohol, wobei auch hierzu Folgearbeiten zur weiteren Charakteristik der Problematik nötig sind. Die im British Medical Journal publizierten Untersuchungsergebnisse verstehen die Autoren als Vorreiterarbeit zu differenzierteren Analysen, die den Faktor Alkohol für personalisierte Präventionsempfehlungen berechenbarer werden lässt (2).
Zum Weiterlesen
(1) S. Bell et al. (2017): Association between clinically recorded alcohol consumption and initial presentation of 12 cardiovascular diseases: population based cohort study using linked health records. In: British Medical Journal, Vol. 356, j909. Online unter http://www.bmj.com/content/356/bmj.j909
(2) M. Roerecke et al. (2017): The effect of a reduction in alcohol consumption on blood pressure: a systematic review and meta-analysis. In: The Lancet Public Health, Vol. 2, Nr. 2, S. e108-e120. Online unter http://dx.doi.org/10.1016/S2468-2667(17)30003-8
Fußnote
[1] Risikoverhältnis zwischen verschiedenen „Behandlungsgruppen“ in einem festen Zeitraum. HR=0 kein Unterschied; HR>1 erhöhtes Risiko; HR<1 geringeres Risiko