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Kleine Nahrungsmenge – große Wirkung? Über die gesundheitlichen Auswirkungen des Fastens [367]

Menschen fasten aus den unterschiedlichsten Gründen. So ist das Fasten als religiöses Ritual in Weltreligionen wie dem Christentum oder dem Islam weltweit verbreitet. Das Heilfasten, welches auf den Arzt Otto Buchinger zurückgeht, diente von Beginn an der Gesundheiterhaltung und Therapie verschiedener Krankheiten (1). Mit dem heutzutage bekannten und beliebten Intervallfasten verfolgen die meisten Menschen das Ziel, überflüssige Pfunde zu verlieren.

Auch wenn die Hintergründe mitunter sehr unterschiedlich sind, so haben alle Formen des Fastens doch eines gemeinsam: Sie haben Auswirkungen auf den Körper desjenigen, der sich Nahrungskarenz verordnet. So werden unter anderem eine Verbesserung des metabolischen Syndroms sowie verschiedener anderer chronischer Krankheiten diskutiert (1). Das Fasten, insbesondere das Heilfasten, kann darüber hinaus ein guter Einstieg in eine grundlegende Lebensstiländerung sein (1). Wer fasten möchte, sollte dies im Vorfeld immer mit seinem Arzt besprechen und niemals auf eigene Faust durchführen.


Wissenschaftliche Details

Mit ihrem Artikel „Viel mehr als nichts essen“, der am Aschermittwoch dieses Jahres erschien, gab die Neue Zürcher Zeitung den schriftlichen Startschuss der diesjährigen Fastenzeit der Christen (2). Ursprünglich als religiöses Ritual bekannt, fasten mehr und mehr Menschen heutzutage vor allem aus gesundheitlichen Gründen.

Denn die Zeiten, in denen der Mensch Nahrung finden musste, um zu überleben, sind längst passé. Vielmehr sehen wir uns bei der Nahrungsauswahl einem dauerhaften Überangebot gegenüber, welches nicht mehr nur genutzt wird, um den Hunger zu stillen, sondern auch zum Genuss, als Belohnung, zur Stressreduzierung, Beruhigung, um Frust abzubauen oder zum geselligen Beisammensein (2). Das Übermaß an mitunter fett- und zuckerhaltigen Genussmitteln und die vielen Bedürfnisse, die Essen heutzutage stillen soll, können überfordern – und krank machen. Aber führt das Gegenteil, die Enthaltsamkeit in Sachen Essen und Trinken für wenige Tage bis Wochen, zur Genesung? Kann Fasten dabei helfen, möglicherweise ernährungsmitbedingte Krankheiten zu heilen?

Grundsätzlich zeichnet sich in der Wissenschaft ein positiver Effekt des Fastens auf die Gesundheit ab. In Studien war Fasten im Allgemeinen mit einer Verzögerung des Alterungsprozesses, einer Verbesserung metabolischer Parameter sowie einer Steigerung des körperlichen wie emotionalen Wohlbefindens und einem fehlenden Hungergefühl assoziiert (3-5). Insbesondere das Heilfasten, welches dem Erhalt der Gesundheit und der Therapie bestimmter Erkrankungen dient, ist mit positiven Effekten auf Krankheiten wie das metabolische Syndrom, chronische kardiovaskuläre Erkrankungen, chronische Entzündungen und Schmerzzustände sowie atopische und psychische Erkrankungen verbunden (1). Es geht auf den Arzt Otto Buchinger zurück und umfasst nach einer anfänglichen Darmreinigung (z.B. mithilfe natürlicher Abführmittel wie Glaubersalz, Sauerkrautsaft oder Brottrunk) standardmäßig einen Vorbereitungstag (ca. 1.000 kcal), eine sieben- bis zehntägige Fastenphase (je circa 250 bis 500 kcal) sowie abschließend drei Normalisierungstage. Entscheidend für den Erfolg ist hierbei neben der Willensstärke des Fastenden vor allem die Unterstützung erfahrener Fachärzte (1). Generell wird beim Heilfasten komplett auf Koffein, Nikotin und Alkohol verzichtet. Das führt dazu, dass die beim Fasten beobachteten Effekte selten eindeutig auf die Nahrungskarenz an sich zurückgeführt werden können; entsprechend rar sind eindeutige wissenschaftliche Belege für die positiven Effekte des Nahrungsverzichts (6).

Auch wenn sich das Fasten in der Gesellschaft zunehmender Beliebtheit erfreut, so ist es längst nicht für jeden Körper eine Wohltat. Personen mit Essstörungen oder Untergewicht, Schwangere und Stillende sowie Personen mit Erkrankungen des Herzens und Kinder sollten generell nicht fasten (7). Unabhängig davon sollte jeder Mensch, der beabsichtigt zu fasten, dieses Vorhaben im Vorfeld mit seinem Arzt besprechen.

Ob das Fasten wirklich so beeindruckende gesundheitliche Auswirkungen hat wie oft behauptet wird, ist nach aktuellem Wissensstand nicht eindeutig zu bestätigen oder zu dementieren. Generell kann Fasten ein guter Einstieg sein, um seine Ernährungsweise grundlegend gesünder und achtsamer zu gestalten (1). Denn wenn die Nahrungsmenge rapide abnimmt, wird das verbleibende Essen meist umso bewusster und langsamer genossen.

Das ist in Zeiten, in denen Essen allzu oft zur Nebentätigkeit, zum notwendigen Übel geworden ist, ein wichtiger Schritt. Denn dem Überangebot an ungesunden Lebensmitteln und der Überernährung trotzt am besten, wer in seiner Ernährung wieder mehr Achtsamkeit walten lässt – eine bewusste und hochwertige Lebensmittelauswahl, eine frische Zubereitung und Essen in Ruhe und mit ausreichend Zeit, um häufig zu kauen und das eigene Sättigungsgefühl rechtzeitig zu bemerken (8). Das ist immer sinnvoll und für jeden machbar – ob mit oder ohne Fasten.


Zum Weiterlesen

(1) Deutsche Gesellschaft für Ernährung e.V. (2021): Heilfasten. Online unter https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/diaeten-fasten/heilfasten/?L=0

(2) C. Schwartz (2021): Viel mehr als nichts essen. Neue Zürcher Zeitung, 17. Februar 2021. Online unter https://www.nzz.ch/gesellschaft/fasten-ist-viel-mehr-als-nichts-essen-ld.1601296?reduced=true

(3) V.D. Longo & M.P. Mattson (2014): Fasting: molecular mechanisms and clinical applications. In: Cell Metabolism, Vol. 19, Nr. 2, S. 181-92. Online unter https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24440038/

(4) American Heart Association (2019): Regular fasting could lead to longer, healthier life. Online unter https://www.heart.org/en/news/2019/11/25/regular-fasting-could-lead-to-longer-healthier-life

(5) F.W. de Toledo et al. (2019): Safety, health improvement and well-being during a 4 to 21-day fasting period in an observational study including 1422 subjects. In: PLoS One, Vol. 14, Nr. 1, e0209353. Online unter https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/30601864/

(6) F. Lopez-Jimenez (2020): Fasting diet: Can it improve my heart health? Mayo Foundation for Medical Education and Research. Online unter https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/heart-disease/expert-answers/fasting-diet/faq-20058334

(7) A. Ciro Chiappa (2021): Fasten – Moderne Aspektes eines klassischen Naturheilverfahrens. Bundeszentrum für Ernährung. Online unter https://www.bzfe.de/ernaehrung-im-fokus/online-spezial/fasten-moderne-aspekte-eines-klassischen-naturheilverfahrens/

(8) C. Schwartz (2021): „Fasten ist eine gute Möglichkeit, eine Zäsur in den Gewohnheiten zu machen“. In: Neue Zürcher Zeitung, 17. Februar 2021. Online unter https://www.nzz.ch/gesellschaft/fasten-ist-eine-gute-moeglichkeit-fuer-eine-zaesur-im-leben-ld.1600707?reduced=true

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