Durch den Einsatz digitaler Technologien könnten im deutschen Gesundheitswesen bis zu 34 Milliarden Euro jährlich eingespart werden, prognostiziert eine neue McKinsey-Studie. Das größte Sparpotential bietet die einheitliche elektronische Patientenakte und das elektronische Rezept. Telemedizinische Beratung vor allem im ländlichen Raum und online-gestützte Selbstbehandlungen der Patienten tragen ebenso zur Kosteneffizienz bei. Diese eröffnen zugleich auch Optionen für mehr Eigenverantwortung in der Gesundheitsfürsorge durch den Einzelnen.
Wissenschaftliche Details
McKinsey & Company Deutschland hat gemeinsam mit dem Kooperationspartner Bundesverband Managed Care e.V. 26 digitale Gesundheitstechnologien analysiert, um abzuschätzen, in welchem Umfang diese Kosten im deutschen Gesundheitswesen senken könnten. Mehr als 500 internationale Forschungsdokumente und die Erfahrung zahlreicher Experten sind in die Bewertung eingeflossen, welche ein Sparpotential von bis zu 34 Milliarden Euro jährlich in Aussicht stellt. Digitale Technologien sollen vor allem dazu beitragen, die Effizienz im deutschen Gesundheitswesen maßgeblich zu steigern und unnötige Leistungen wie Doppeluntersuchungen auszuschließen. Ihr Einsatz wird in einigen europäischen Nachbarländern wie Österreich, Schweden, Dänemark, Italien oder auch Großbritannien bereits erfolgreich praktiziert.
Im Folgenden sind sechs Ansätze aufgeführt und anhand von Beispielen erläutert:
(1) Umstellung auf papierlose Datenverwaltung
- einheitliche elektronische Patientenakte „Electronic Health Record“ (EHR)
- elektronisches Rezept (eRezept)
- krankenhausinterne Mitarbeiterkommunikation
- virtuelle Arztassistenten
→ Sparpotential: 9,0 Mrd. Euro
(2) Online-Interaktionen
- ärztliche telemedizinische Beratung
- Fernüberwachung chronisch erkrankter Patienten
- E-Triage, also die Steuerung der Inanspruchnahme von Notdiensten
→ Sparpotential: 8,9 Mrd. Euro
(3) Digitale Automatisierung von Arbeitsabläufen
- mobile Vernetzung des Pflegepersonals
- Barcodebasierte Verabreichung von Medikamenten
- elektronische Überweisungen
- Überwachung von Vitalparametern (elCU)
- Robotereinsatz
- Automatisierung einfacher Prozessschritte
→ Sparpotential: 6,1 Mrd. Euro
(4) Ergebnistransparenz und Entscheidungsunterstützung
- Softwareeinsatz, um Doppeluntersuchungen von Patienten zur vermeiden, Patientenströme zu steuern oder Gentests durchzuführen
- Steuerung der Patientenströme
- klinische Entscheidungsunterstützung
- erweiterte Kostenträgeranalyse
- genetische Tests
→ Sparpotential 5,6 Mrd. Euro
(5) Patientenselbstbehandlung
- eHealth-Anwendungen zum Management von chronischen Erkrankungen in Bereichen der psychischen Gesundheit, Diabetes, Atemwegs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen
- Apps und virtuelle Trainer zur präventiven Verhaltensveränderungen
- digitale Diagnosetools und medizinische Chatbots
- online gestützte Patientennetzwerke
- Einsatz virtueller Realität zur Schmerzbehandlung
→ Sparpotential: 3,8 Mrd. Euro
(6) Patienten-Self-Service
- Onlineportale zur Terminvereinbarung (e-Booking)
→ Sparpotential: 0,5 Mrd. Euro
Die Studienautoren verweisen darauf, dass der Nutzen digitaler Technologie zu 70 % den Ärzten und den Krankenhäusern zugutekäme, Krankenversicherungen profitieren lediglich mit einem Anteil von 30 %. Auch fällt der Beitrag zur Kostenersparnis, den das digitale Selbstmanagement von Patienten erbringen würde, mit rund 3,8 Milliarden Euro um die Hälfte geringer aus als erwartet. Die Experten empfehlen daher, sich bei der Einführung von digitalen Technologien zunächst auf andere, vielversprechendere Felder zu konzentrieren.
Zum Weiterlesen
McKinsey (2018): Digitalisierung im Gesundheitswesen: die Chancen für Deutschland. Online unter https://www.mckinsey.de/~/media/mckinsey/locations/europe%20and%20middle%20east/deutschland/news/presse/2018/2018-09-25-digitalisierung%20im%20gesundheitswesen/mckinsey92018digitalisierung%20im%20gesundheitswesendownload.ashx