Das Sturzrisiko älterer Menschen ist unter anderem durch den altersbedingten Abbau von Muskel- und Knochenmasse bedingt. Doch lässt sich die Sturzgefahr auch anderweitig beeinflussen: Forscher aus Schottland stellten nun fest, dass ein ausgeprägtes Selbstwertgefühl im Alter vor unkontrollierten Stürzen schützen kann. Dazu wurden Daten aus einer großen Kohorte älterer Einwohner Großbritanniens ausgewertet.
Wissenschaftliche Details
Das Sturzrisiko steigt mit zunehmendem Alter stetig an. Dies ist vor allem auf altersbedingte Veränderungen der Körperzusammensetzung zurückzuführen. Neben einem Abbau der Knochensubstanz, insbesondere bei Frauen, kommt es im Alter außerdem häufig zu einem Muskelmassenabbau (Sarkopenie). Dieser ist physiologisch und wird durch eine abnehmende Mobilität und altersbedingte Mangelernährung begünstigt (1).
Neben körperlichen Einflussfaktoren scheinen allerdings auch psychische Aspekte einen Einfluss auf die Sturzhäufigkeit älterer Menschen zu haben. So konstatierte jüngst das British Medical Journal (2), Hochmut komme nicht immer vor dem Fall und beschreibt damit das Ergebnis einer Sekundäranalyse britischer Studiendaten zum Zusammenhang des Sturzrisikos und Selbstbewusstsein. Eine Befragung von 6.415 älteren Briten ergab, dass Stolz die Sturzgefahr verringern kann. Die Studie bediente sich dazu der Studiendaten der English Longitudinal Study of Ageing (ELSA-Studie), einer Studie über die Gesundheit, das Sozialleben, das Wohlbefinden und den ökonomischen Status der älteren britischen Population. Über 60-Jährige hatten zunächst mit Hilfe einer Fünf-Punkte-Skala abgeschätzt, inwieweit sie innerhalb von 30 Tagen stolz auf sich gewesen sind. Rund ein Viertel der Männer und Frauen beschrieben ein hohes Selbstwertgefühl, jeder Zwanzigste einen Mangel. Der überwiegende Teil gab an, sich mäßig wertgeschätzt zu haben. Nachbefragungen zu Sturzhäufigkeiten im Verlaufe von zwei Jahren zeigten überraschend einen Zusammenhang zwischen der selbstgerechten Lebenshaltung und der physischen Stabilität: Je ausgeprägter das Selbstwertgefühl, desto geringer die Sturzgefahr. Stolze Briten waren einem um bis zu 19 % geringeren Fallrisiko ausgesetzt als andere, die sich nur geringfügig achteten. Die Assoziation verblieb auch nach Bereinigung von Störvariablen wie Alter, Geschlecht, Haushaltseinkommen und Sturzhistorie signifikant. Die Studienautoren von der University of Stirling erklären diesen Effekt durch eine aufrechtere Haltung sowie einen sichereren Gang bei Menschen, die sich selbst wertschätzen.
Länger schon ist bekannt, dass nicht nur Medikamente, Fehlernährung, Bewegungsmangel, fortschreitendes Alter, weibliches Geschlecht, Sehbehinderungen und Umweltfaktoren wie z.B. das Schuhwerk zur Sturzhäufigkeit bei Älteren beitragen, sondern auch psychische Komponenten wie Sturzangst, Depressionen und Schmerz. Mit ihren Studienergebnissen bekräftigen die Autoren diesen Einfluss von Psyche und Wohlbefinden auf das Sturzrisiko bei Älteren.
Zum Weiterlesen
(1) K. Balzer et al. (2012): Sturzprophylaxe bei älteren Menschen in ihrer persönlichen Wohnumgebung. Schriftenreihe Health Technology Assessment (HTA) in der Bundesrepublik Deutschland. Online unter https://portal.dimdi.de/de/hta/hta_berichte/hta255_bericht_de.pdf.
(2) D. McMinn et al. (2017): Does pride really come before a fall? Longitudinal analysis of older English adults. In: The BMJ, Vol. 359, j5451. Online unter http://www.bmj.com/content/359/bmj.j5451?utm_source=TrendMD&utm_medium=cpc&utm_campaign=TBMJ_UK_TrendMD-0