Qualitativ hochwertige Ernährung verlängert das Leben. Obgleich der Effekt am größten ist, wenn dieser Grundsatz schon beim Start ins Leben berücksichtigt ist, hilft es, sich noch in der Mitte des Lebens für eine gesündere Kost zu entscheiden. Eine Analyse aus der Harvard School of Public Health in Boston zeigt jetzt im New England Journal of Medicine, dass der dauerhafte Wechsel zu mehr Vollkorn, Obst, Gemüse, Fisch und Nüssen des Sterberisiko um bis zu einem Viertel verringern kann. Insbesondere Todesfälle aufgrund von Herz- und Gefäßerkrankungen treten dann weniger auf. Auch die Sterblichkeit infolge von Krebs kann günstig beeinflusst werden.
Einer radikalen Umstellung der Ernährungsgewohnheiten bedarf es dafür nicht. Es reicht schon aus, täglich eine Portion Nüsse oder Hülsenfrüchte zusätzlich zu verzehren und dafür auf eine Portion Wurst oder rotes Fleisch zu verzichten. Weniger die Bevorzugung eines einzigen Nährstoffs oder eines einzigen Lebensmittels, sondern die Verbesserung des gesamten Ernährungsmusters wirkt sich gesundheitsförderlich aus, so Frank Hu, der Leiter der Bostoner Forschungsgruppe. Wie sich letztendlich ein qualitativ hochwertiges Ernährungsmusters zusammensetzt, kann von Region zu Region variieren und sollte den kulturellen und geografischen Gegebenheiten je nach Gesundheitszustand angepasst sein.
Wissenschaftliche Details
Selbst geringfügige Verbesserungen in der Ernährungsqualität in der Mitte des Lebens können das Leben verlängern, vorausgesetzt, diese werden dauerhaft beibehalten. Umgekehrt kann schon eine kleine Verschlechterung in den Ess- und Trinkgewohnheiten die Lebenserwartung verkürzen. Die Lebenserwartung lässt sich auch in der zweiten Lebenshälfte mit Hilfe von Ernährung messbar und in einem nicht unerheblichen Maße beeinflussen. Bostoner Wissenschaftler, die jetzt erstmals untersucht haben, wie sich ein Wechsel in der Ernährung im mittleren Alter auf das Sterberisiko auswirkt, sind zu einer optimistischen Einschätzung gelangt (1).
Drei US-amerikanische Skalen für die gesunde Ernährung, der Alternate Healthy Eating Index, der Score für die mediterranen Ernährung und der Dietary Approaches to Stop Hypertension Diet (DASH)?Score wurden angewandt, um den Grad der Ernährungsqualität einzuschätzen. Ungeachtet einiger Unterschiede sind in allen drei Skalen der reichhaltige Verzehr von Vollkorn, Obst, Gemüse, Hülsenfrüchten, Fisch und Nüssen sowie der weitgehende Verzicht auf Produkte aus rotem Fleisch sowie Zucker am höchsten bewertet worden (2). Für die Auswertung der Ess- und Trinkgewohnheiten standen Angaben von 121.700 der 30 bis 55 jährigen Krankenschwestern und von 51.529 der 40 bis 75 Jahre alten Männer mit Gesundheitsberufen aus der Nurses’ Health Study beziehungsweise aus der Health Professionals Follow-up Study zur Verfügung.
Die Studie ergab, dass eine verbesserte Ernährungsqualität über einen Zeitraum von 12 Jahren mit einem verringerten Sterberisiko in den folgenden 12 Jahren verbunden war, unabhängig davon, welche Punktzahl erreicht wurde. Studienteilnehmer, denen es gelang, sich in allen drei Ernährungscores wenigstens sechs Jahre lang um 20 % zu verbessern, konnten ihr allgemeines Sterberisiko um 8 bis 17 % verringern. Hingegen trug eine 20?prozentige Verschlechterung zur Erhöhung des Sterberisikos um 6 bis 12 % bei. Bei denjenigen, die über 12 Jahre hinweg beständig qualitativ hochwertig aßen und tranken, verringerte sich das allgemein Sterberisiko um 9 % bis 14 % im Vergleich zu den Studienteilnehmern, die sich eher ungesund ernährten.
Ernährungsmuster, die überwiegend dem Alternate Healthy Eating Index und dem Score für die mediterrane Ernährung entsprachen, reduzierten insbesondere kardiovaskuläre Sterbefälle, Vorgaben der DASH-Diät wirkte sich hauptsächlich günstig auf die Krebssterblichkeit aus. Nahrungsmittelgruppen, die am meisten zu einer Verbesserung der Ernährungsqualität beigetragen haben, enthielten Vollkornprodukte, Früchte, Gemüse und Fische bzw. n-3 Fettsäuren. Um eine 20?prozentige Verbesserung auf den Scores zu erreichen, bedarf es keiner radikalen Einschränkungen im Alltag, so die Wissenschaftler. Es reiche beispielsweise aus, täglich auf eine Portion von rotem oder verarbeitetem Fleisch zu verzichten und diese durch eine zusätzliche Portion von Nüssen oder Hülsenfrüchten zu ersetzen.
Für Frank Hu, dem Leiter der Forschergruppe, lässt sich eine einzige, allgemein und überall gültige Ernährungsempfehlung nicht formulieren; qualitativ hochwertige Ernährungsmuster sollten den gesundheitlichen, kulturellen und geografischen Bedingungen in verschiedenen Regionen der Welt angepasst sein und dauerhaft beibehalten werden.
Zum Weiterlesen
(1) M. Sotos-Prieto et al. (2017): Association of Changes in Diet Quality with Total and Cause-Specific Mortality. In: The New England Journal of Medicine, Vol. 377, S. 143-153. Online unter http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1613502
(2) Die Komponenten der drei US – amerikanischen gesunden Ernährungsmuster auf einem Blick vgl. die Präsentation von M Sotos-Prieto. Changes in Three Diet Quality Scores and Total and Cause-Specific Mortality, abrufbar über den Link https://professional.heart.org/idc/groups/ahamah-public/@wcm/@sop/@scon/documents/downloadable/ucm_483426.pdf