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Der Body-Maß-Index der Mutter kann das biologische Alter(n) ihrer Kinder beeinflussen [137]

Kinder, die zur gleichen Zeit geboren werden, sind molekularbiologisch gesehen nicht unbedingt gleich alt. Ob ein Baby als jünger oder älter eingeschätzt wird, hängt von der Länge der Chromosomenden ab. Diese als Telomere bezeichneten Endabschnitte der Erbgutstränge sind bei Neugeborenen unterschiedlich lang. Als eine Art Maßband enthält die Telomerlänge einen Anhaltspunkt für die verbleibende Lebensspanne. Sie bestimmt mit, wie häufig sich Zellen im Leben teilen können, denn bei jeder Zellteilung geht ein Teilstück der Telomere verloren. Sind die Telomere „verbraucht“, können sie die Chromosomen nicht mehr schützen, wodurch eine Zellteilung nicht mehr möglich ist und sich somit das Gewebe nicht mehr erneuern kann.

Verkürzte Telomere gelten daher als Biomarker für das vorzeitige Altern. Sie erhöhen das Risiko, altersbedingt an Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ 2 Diabetes, Atherosklerose, Anämien und Krebs zu erkranken und vorzeitig zu versterben. Umgekehrt gilt allerdings, je länger die Telomere, desto größer die Aussicht auf ein langes gesundes Leben. Eine belgische Studie zeigt jetzt, dass Babys von sehr übergewichtigen Müttern mit wesentlich kürzeren Telomeren geboren werden als die kalendarisch gleichaltrigen Kinder von normalgewichtigen Müttern, die mit längeren Telomeren ausgestattet sind.


Wissenschaftliche Details

Alter(n) ist relativ. Wie alt ein Mensch ist, lässt sich zwar am Kalender ablesen, sagt allerdings wenig darüber aus, wie aktiv die verbleibende Lebensspanne gestaltet werden kann. Einen Anhaltspunkt für das biologische Alter, das Rückschlüsse auf den Verschleiß von Körper und Geist zulässt, enthält die Länge der Telomere, die die Enden der Chromosomenstränge schützen. Altern beginnt, wenn sich diese Endstücke der Chromosomen verkürzen, denn mit jeder Zellteilung geht ein Telomerstück verloren, bis diese „verbraucht“ sind und eine Erneuerung des Gewebes nicht mehr möglich ist. Belastungen wie Stress, Rauchen oder auch zu hoher Zuckerkonsum beschleunigen den Zellerlust. Vorzeitiges Altern lässt sich daher an einer zu raschen Schrumpfung der Telomerabschnitte messen. Auch das altersspezifisch erhöhte Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Typ 2 Diabetes, Atherosklerose, Anämien und Krebs wird mit verkürzten Telomeren in Verbindung gebracht. Neugeborene kommen mit unterschiedlich langen Telomeren zur Welt. Zu den Faktoren, die diese ungleiche Ausstattung der Babys mit bedingen, zählen bislang Beeinträchtigungen der Mütter in der Schwangerschaft durch Stress und durch Rauchen, aber auch durch Präeklampsie, Schwangerschaftsdiabetes und durch Defizite in der Folatversorgung.

Belgische Wissenschaftler fanden jetzt heraus, dass auch der Body-Maß-Index (BMI), also das Verhältnis des Körpergewichts zur Größe der Mutter die Telomerlänge beim Kind mit beeinflusst. Sie wiesen nach, dass ein hoher BMI in der Schwangerschaft mit verkürzten Telomeren im Blut der Plazenta und in der Nabelschnur von Neugeborenen einhergeht. Je höher der BMI der Mutter, umso kürzer fielen die Telomere aus. So verringerte sich mit jedem zusätzlichen Index-Grad der Mutter die Telomere des Neugeborenen um 0,50 %. Dies entspricht etwa einem Verlust an Telomerlänge von ca. 50 Einheiten, einer Menge, die Erwachsene je nach Lebensstil und Belastung innerhalb von 1,1 bis 1,6 Jahren hinnehmen müssen. Die Babys von übergewichtigen Müttern waren also schon bei der Geburt biologisch älter als die Kinder von normalgewichtigen Müttern.

Das Ergebnis stützte sich auf vergleichende Blutanalysen aus der Nabelschnur von 743 Neugeborenen sowie der Plazentas ihrer Mütter im Alter 17 bis 44 Jahren. Ebenso berücksichtigt worden sind die gesundheitsrelevanten Verhaltensweisen der Mütter und das sozioökonomische Umfeld im Verlaufe der Schwangerschaften. Doch weder das Alter der Mütter noch ihre Lebensumstände hinterließen Spuren auf den Telomerlängen der Neugeborenen. Maßgeblich blieb allein der BMI. Die Telomerase, ein Enzym, welches Telomere wieder erneuern kann und somit dem Alterungsprozess entgegen wirken könnte, scheint bei einem erhöhten BMI eine verringerte Aktivität aufzuweisen, was wiederum die verkürzten Telomere bei erhöhtem Körpergewicht erklären würde. Ob und wie diese veränderten Aktivitäten der mütterlichen Telomerase Auswirkungen auf die kindliche Telomerase-Aktivität ausüben, bleibt ungeklärt.

Die Wissenschaftler vermuten, dass der mit dem Übergewicht verbundene oxygene Stress noch im Mutterleib verhindert, dass sich Telomere beim ungeborenen Kind verlängern. Sie appellieren angesichts der steigenden Zahlen für Fettleibigkeit weltweit an die künftigen Mütter, den BMI nach Möglichkeit präventiv zu normalisieren, um ihren Nachkommen die Chancen auf ein langes gesundes Leben zu erhalten.


Zum Weiterlesen

D.S. Martens et al. (2016): Maternal pre-pregnancy body mass index and newborn telomere length. In: BioMed Central Medicine, Vol. 14, Nr. 148. Online unter https://bmcmedicine.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12916-016-0689-0

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