Bei Scheidungskindern kann das Immunsystem noch im Erwachsenenalter beeinträchtigt sein. Maßgeblich dafür ist, ob die Eltern sich einvernehmlich oder konfliktreich getrennt haben. Kinder etwa, deren Eltern nach einer Scheidung den Kontakt zueinander vermieden, erkälten sich im mittleren Alter dreimal häufiger als Gleichaltrige aus einem spannungsarmen Umfeld. Darauf weist eine Studie hin, die jetzt in den Proceedings of the National Academy of Sciences publiziert worden ist (1). Wissenschaftler aus der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh, Pennsylvania führen die höhere Anfälligkeit für Atemwegserkrankungen auf ein geschwächtes Immunsystem bei Kindern aus problematisch getrennten Familien zurück. Sie vermuten, dass diese erworbene Immunschwäche im Erwachsenenalter dauerhaft bestehen bleibt.
Wissenschaftliche Details
Unter den Folgen einer Scheidung der Eltern können Kinder noch 20-40 Jahre später leiden (1). Erwachsene, deren Eltern sich während der Kindheit getrennt haben, sind einem höheren Risiko für Erkrankungen ausgesetzt. Nicht nur psychosoziale Probleme treten bei ihnen häufiger auf, sondern auch körperliche Beeinträchtigungen wie Allergien, Herz-Kreislauferkrankungen und auch einige Krebsarten. Nicht die Trennung der Eltern an sich scheint diese Schädigungen zu begünstigen, sondern eher die Art und Weise, wie Konflikte ausgetragen werden. Wird etwa der Kontakt zwischen den getrennten Eltern abgebrochen, wirkt sich dies gravierender auf die Kinder aus als wenn die Verbindung noch aufrechterhalten werden kann.
Wissenschaftler aus der Carnegie Mellon Universität in Pittsburgh, Pennsylvania setzten 92 bereitwillige, erwachsene Scheidungskinder sechs Tage lang in Quarantäne und verabreichten ihnen danach mit Nasentropfen einen Erkältungsvirus. Die Testpersonen reagierten sehr unterschiedlich auf die virale Infektion und in Abhängigkeit davon, ob die Kindheit konfliktreich oder normal verlief. Alle 51 erwachsene Scheidungskinder, deren Eltern nach Auseinandersetzungen den Kontakt untereinander völlig abbrachen, entwickelten dreimal häufiger eine Erkältung als andere, bei denen die getrennten Eltern in Verbindung blieben. Zudem waren bei ihnen auch mehr entzündungsfördernde Botenstoffe im Blut nachzuweisen.
Soziale Faktoren wie die Einkommensverhältnisse in der Familie, der Bildungsstand der Eltern und der Lebensstil in der Kindheit hatten hingegen keinen Einfluss auf das Ergebnis. Eine gemeinsame Fürsorge für die Kinder und ein schonender Umgang zwischen getrennt lebenden Elternteilen können, so die Studienautoren, eine andauernde Schwächung des Immunsystems bei den Nachkommen verringern.
Zum Weiterlesen
(1) M.L.M. Murphya et al. (2017): Offspring of parents who were separated and not speaking to one another have reduced resistance to the common cold as adults. In: Proceedings of the National Academy of Science, Vol. 114, Nr. 25, S. 6515-6520. Online unter http://www.pnas.org/content/early/2017/05/30/1700610114