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Das Herzinfarktrisiko – genetisch vorprogrammiert oder durch den Lebensstil beeinflusst? [266]


Wissenschaftliche Details

Häufen sich in einer Familie über Generationen hinweg Herzinfarkte, dann werden dafür auch künftig einige Nachkommen anfällig sein. Inwieweit sich diese Veranlagung durchsetzt, ist in Maßen abhängig von den Lebensgewohnheiten. Ob die Familiengeschichte oder der persönliche Lebensstil entscheidend für das Risiko ist, einen Herztod zu erleiden, haben jetzt Experten vom Massachusetts General Hospital in Boston/USA genauer untersucht (1). Die Wissenschaftler verglichen die Effekte eines herzschonenden und eines herzstrapazierenden Lebensstils bei mehr als 50.000 Erwachsenen mittleren Alters mit unterschiedlicher genetischer Veranlagung für koronare Herzerkrankungen.

50 Erbgutvarianten, die sogenannten Einzelnukleotid-Polymorphismen (SNPs) sind inzwischen bekannt, die unabhängig voneinander auf eine Anfälligkeit für Angina pectoris und Herzinfarkt hinweisen. In einem Score kombiniert, ermöglichten sie eine relativ zuverlässige Berechnung für das vererbte Herzerkrankungsrisikos. So traten die Durchblutungsstörungen der Herzgefäße und ihre Folgen bei Studienteilnehmern mit dem ungünstigsten genetischen Risikoprofil im Verlaufe einer 20-jährigen Beobachtungszeit bis zu 91 % häufiger auf als bei den Trägern der günstigsten Genvarianten. Je problematischer das genetische Risikoprofil, umso höher fielen auch die Blutfettwerte für das Low-Density-Lipoprotein(LDL)-Cholesterin, einem maßgeblichen Risikofaktor für den Herzinfarkt, aus (1).

Die persönliche Lebensführung konnte das Potential aus dem Erbgut sowohl abschwächen als auch verstärken. Vier Lebensstilfaktoren wurden berücksichtigt, um das herzgesunde Verhalten rechnerisch zu erfassen:

  • der Rauchverzicht,
  • ein Body-Mass-Index von weniger als 30 kg/m2,
  • mindestens einmal wöchentlich körperliche Bewegung und
  • eine gesunde Ernährung.

Zur gesunden Ernährung zählte in Anlehnung an die Vorgaben der American Heart Assoziation der reichhaltige Verzehr an Früchten, Nüssen, Gemüse, Fisch, Vollkorn- und Milchprodukten sowie ein reduzierter Konsum von raffiniertem Getreide, verarbeitetem Fleisch, unverarbeitetem rotem Fleisch, zuckergesüßten Getränken, Transfetten und Salz. Herzschonend lebte, wer wenigstens drei der vier Faktoren vorweisen konnte, ambivalent, wer lediglich zwei nachwies und herzbelastend, wer drei oder gleich alle vier Faktoren außer Acht lies.

Teilnehmer, deren genetisches Profil auf ein Herzinfarktrisiko hinwies, konnten diese Gefährdung, so hoch oder niedrig sie auch ausfiel, durch eine herzschonende Lebensweise im Schnitt nahezu halbieren. Am meisten profitierten die Träger eines problematischen genetischen 10-Jahres-Risikoprofils von der gesunden Lebensführung. Ein Restrisiko blieb dennoch bestehen.

Ein ungünstiger Lebensstil hatte die Vorteile aus einer geringen erblichen Vorbelastung für Herzerkrankungen hingegen nahezu aufgebraucht. Wer rauchte, ungesund aß, sich kaum bewegte und Übergewicht ansammelte, erkrankte häufiger an Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörungen und an Typ-2-Diabetes und steigerte zudem sein 10-Jahresrisiko für Angina Pectoris und Herzinfarkt um rund zwei Drittel.

Davon ausgehend befürworten die Experten eine Gesundheitspolitik, die eine gesunde Lebensführung für alle unterstützt und sich nicht nur auf Personen mit hoher erblicher Vorbelastung für Herzerkrankungen konzentriert. Wirksame Präventionskonzepte werden ebenso vielschichtig und komplex sein wie die Ursachen, die Arteriosklerose und Herzinfarkt bedingen.


Zum Weiterlesen

(1) A. V. Khera et al. (2016): Genetic Risk, Adherence to a Healthy Lifestyle, and Coronary Disease. In: The New England Journal of Medicine, Vol. 375, S. 2349-2358. Online unter http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1605086#t=article. Die Publikation enthält einen umfangreichen Anhang, abrufbar über http://www.nejm.org/doi/suppl/10.1056/NEJMoa1605086/suppl_file/nejmoa1605086_appendix.pdf

 

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