fbpx

Chancen für ein staatliches und privates Engagement gegen Hunger in der Welt effektiv nutzen [88]

Angesichts von derzeit fünf humanitären Katastrophen gleichzeitig, d.h. in Syrien, im Irak, im Südsudan, in Zentralafrika und in Westafrika (Ebola-Seuche) überraschen die Ergebnisse des neuen Welternährungsberichts der Welternährungsorganisation (FAO) positiv (1).

Die Zahl der Hungernden sei im vergangenen Jahrzehnt um 100 Millionen Menschen zurückgegangen. Im Vergleich zur Situation Anfang der neunziger Jahre, in der weltweit mehr als eine Milliarde Menschen nicht ausreichend zu essen hatten, sank in den Entwicklungsländern der Anteil der Unterernährten sogar um 42 Prozent.

Am stärksten geht die Zahl der Notleidenden in Lateinamerika einschließlich der Karibik zurück – in den letzten zwanzig Jahren um mehr als ein Drittel. Fortschritte sind auch in Ost- und Südostasien sichtbar.

Als besonders positive Beispiele für den erfolgreichen Kampf gegen Hunger hebt die FAO Erfahrungen in Bolivien, Brasilien, Haiti, Indonesien, Madagaskar, Malawi und Jemen hervor.

Beispiel Bolivien

In Bolivien ist seit dem Regierungswechsel vor acht Jahren das Recht auf Nahrung in der Verfassung festgeschrieben. Nationale Programme und private Initiativen fördern Bauern, um die Erträge ihrer Arbeit zu erhöhen, und parallel dazu auch Familien mit kleinen Kindern, Schwangere und Stillende. Diese Kombination aus Hilfe zur Selbsthilfe in der Landwirtschaft und direkter Unterstützung für die Bedürftigsten scheint wirkungsvoll, denn die Quote der Hungernden hat sich in den vergangenen zwanzig Jahren halbiert und beträgt jetzt knapp ein Fünftel der Bevölkerung.

Der Erfolg ist ein Ergebnis nationaler Politik, die aber auch Chancen eines globalen Trends zu nutzen weiß. Seit die Nahrungskrise der Jahre 2008 und 2009 bewältigt ist, sinkt durchschnittlich die Zahl der chronisch hungernden Menschen stetig, so dass das ehrgeizige Millenniumsziel der UN, weltweit bis 2015 die Zahl der Hungernden zu halbieren, rein statistisch gesehen erreicht werden könnte (2).

Regionale Unterschiede

Trotz dieser Fortschritte habe nach Analysen der Welternährungsorganisation noch immer jeder achte Bewohner der Erde weder genug zu essen, noch ausreichende medizinische Versorgung zur Verfügung.

Fast zwei Drittel der derzeit rund 842 Millionen unterernährten Menschen leben in Asien. In Westasien, Ozeanien und vor allem in der Region südlich der Sahara wächst die Zahl der Hungernden noch immer stetig an.

Vorschläge für zielgerichtete und wirksame politische Maßnahmen zur Minderung von Hunger, Ernährungsunsicherheit und Unterernährung

Unterernährung ist auch aus der Sicht der Welternährungsorganisation nicht nur eine Folge von zu wenig Nahrung; sondern ergibt sich aus einer Vielzahl von sozioökonomischen Faktoren wie Armut, aus dem unzureichenden Zugang zu Gesundheitsdiensten und zu sanitären Einrichtungen, aus chronischen Erkrankungen infolge von Defiziten an Makro- und Mikronährstoffen sowie an sauberem Trinkwasser und vieles mehr (3).

Die FAO spricht sich für ernährungsfördernde Maßnahmen aus, die die Lebensmittelsicherheit auch verstärken können, wenn das Wirtschaftswachstum ausbleibt. Dazu gehören insbesondere neben Schritten zur effizienteren Bewirtschaftung von Böden und zur verbesserten Trinkwasserversorgung, ebenso die Intensivierung der Gesundheitsvorsorge und der Hygiene sowie des Bildungswesens.

Die Lebensmittelsicherheitsindikatoren der FAO bieten Ansätze für regional spezifizierte Investitionen in den von Hunger betroffenen Staaten. Zu den Indikatoren zählen die Verfügbarkeit, der Zugang, die Nutzung und die Stabilität von Lebensmitteln in einer Region. Statistiken von durch Mangelernährung im Wachstum verkümmerten Kindern geben so präziser Auskunft über den Handlungsbedarf als Daten zur pro-Kopf-Versorgung an Lebensmitteln allein (4).

Staatliches und privates Engagement, das Reformen in der Landwirtschaft und im Sozialsystem herbeiführen und ein investitionsfreundlicheres Wirtschaftsklima in den von Hunger betroffenen Regionen schafft, soll gleichermaßen die Rahmenbedingungen zur Minderung der Unterernährung nachhaltig verbessern. Ein nicht zu unterschätzender ökonomischer Faktor sei dabei die Summe der Überweisungen (remittances), die Emigranten aus wirtschaftlich starken Gastländern in ihre Heimat schicken. Sie liegen nach Berechnungen der FAO und der Weltbank dreimal so hoch wie das Budget der internationalen Entwicklungshilfe.

 

Zum Weiterlesen:

  1. Food and Agriculture Organization of the United Nations. The State of Food Insecurity in the World 2014. Abrufbar über den Link: http://www.fao.org/publications/sofi/en/
  2. Zur Bewertung der Millenniumsziele vgl. Assmann-Stiftung für Prävention. Das Copenhagen Consensus Projekt und die Gestaltung der post-2015 Entwicklungsagenda [82]. Abrufbar über den Link: https://www.assmann-stiftung.de/das-copenhagen-consensus-projekt-und-die-gestaltung-der-post-2015-entwicklungsagenda-82/Das Ziel 3 der UN – Entwicklungsagenda 2016 – 2030 wird die Aktivitäten in der internationalen Gesundheitspolitik bündeln. Einen Vorgriff auf die Zielsetzung enthält: O.F. Norheim. Avoiding 40% of the premature deaths in each country, 2010—30: review of national mortality trends to help quantify the UN Sustainable Development Goal for health. The Lancet, Early Online Publication, 19 September 2014 doi: 10.1016/S0140-6736(14)61591-9
  3. Vgl. Assmann-Stiftung für Prävention. Verborgener Hunger (Hidden Hunger) – ein Problem nicht nur in Entwicklungsländern [73]. Abrufbar über den Link: https://www.assmann-stiftung.de/verborgener-hunger-hidden-hunger-ein-problem-nicht-nur-entwicklungslaendern-73/
  4. Direktzugang zur Statistik der Indikatoren über den Link: http://www.fao.org/economic/ess/ess-fs/fs-data/en/#.VBwAORZcz3U

Comments are closed.

Durch die weitere Nutzung der Seite stimmen Sie der Verwendung von Cookies zu. Weitere Informationen

Unsere Webseite nutzt Cookies. Wenn Sie auf dieser Webseite bleiben, nehmen wir an, dass Sie damit einverstanden sind. Sie können unsere Cookies löschen. Wie das geht, erfahren Sie in unserer Datenschutzerklärung.

Schließen