Ergebnisse aus der NutriNet-Santé-Studie
Ein übermäßiger Konsum zuckerhaltiger Getränke könnte zur Entwicklung von Tumoren beitragen. Darauf haben jetzt französische Forscher durch die Publikation von Ergebnissen der NutriNet-Santé-Studie im British Medical Journal aufmerksam gemacht (1). Nach Analyse der Daten konnte bei Erwachsenen mittleren Alters die Zufuhr jeder zusätzlichen Portion süßer Drinks (à 100 ml) täglich mit einem Anstieg des Krebsrisikos insgesamt um 18 % und des Brustkrebsrisikos im Speziellen um 22 % assoziiert werden. Ein Zusammenhang zu Prostata- und Darmkrebs wurde nicht gefunden. Ebenso hatte der Verzehr von künstlich gesüßten Getränken das Krebsrisiko offensichtlich nicht beeinflusst. Die Wissenschaftler von der Sorbonne Paris gehen davon aus, dass Verzehr von zuckerhaltigen Getränken bei der Entwicklung von Krebserkrankungen eine wesentlich größere Rolle spielt als bislang angenommen.
Wissenschaftliche Details
Der rasant zunehmende Konsum von zuckerhaltigen Getränken in den vergangenen 25 Jahren wird inzwischen als eine derjenigen gesundheitsschädigenden Verhaltensweisen angesehen, die am meisten zum Anstieg der vermeidbaren Todesfälle weltweit beigetragen haben (2). Dabei sind die negativen Einflüsse etwa auf die Entwicklung von Bluthochdruck, krankhaftem Übergewicht und Typ-2-Diabetes mittlerweile gut dokumentiert. Die Verbindung zu Krebs hingegen ist bislang kaum untersucht.
Diese Lücke wird jetzt ein Stück weit durch Ergebnisse aus der bevölkerungsbasierten, prospektiven Kohortenstudie NutriNet-Santé geschlossen. Sie beruhen auf Analysen von Ernährungsgewohnheiten und Gesundheitsdaten von rund 100.000 gesunden französischen Frauen und Männern mit einem Durchschnittsalter von 42 Jahren. Bei ihnen wurde die Aufnahme von knapp 100 zuckerhaltigen und 12 künstlich gesüßten Getränken über einen Zeitraum von fünf Jahren hinweg mittels Ernährungstagebüchern dokumentiert. Berücksichtigt wurden unter anderem Erfrischungsgetränke (mit oder ohne Kohlensäure), Sirupe, hundertprozentiger Fruchtsaft, Fruchtgetränke, gezuckerte Heißgetränke, gezuckerte Milchgetränke, Sport- und Energiegetränke. Der mittlere Zuckergehalt der zuckerhaltigen Getränke betrug knapp 11 g pro Portion (à 100 ml).
Die Wissenschaftler beobachteten einen Zusammenhang zwischen der Aufnahme der süßen Getränke und den im Studienzeitraum aufgetretenen 2.193 Krebserkrankungen. So war ein Anstieg des Konsums von zuckerhaltigen Getränken um 100 ml pro Tag mit einem um 18 % höheren Gesamtkrebsrisiko und einem um 22 % höheren Brustkrebsrisiko verbunden. Teilanalysen ergaben, dass auch der Verzehr von hundertprozentigem Fruchtsaft mit dem Krebsrisiko in Verbindung gebracht werden konnte, die Aufnahme künstlich gesüßter Getränke hingegen nicht. Prostata- und Darmkrebs blieben von der Getränkeauswahl statistisch betrachtet unbeeinflusst.
Die schädliche Wirkung der zuckerhaltigen Getränke führten die Wissenschaftler im Wesentlichen auf die bekannten Wechselwirkungen mit dem viszeralen Fettgewebe, dem Blutzuckerspiegel und Entzündungsmarkern zurück. Chemische Zusätze in Limonaden dürften zusätzlich ungünstige Effekte erzeugt haben. Die Experten empfehlen, Getränke stärker als bislang in die Tumorprävention einzubeziehen.
Zum Weiterlesen
(1) E. Chazelas et al. (2019): Sugary drink consumption and risk of cancer: results from NutriNet-Santé prospective cohort. In: The BMJ, Vol. 366, l2408. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/31292122
(2) GBD 2016 Risk Factors Collaborators (2017): Global, regional, and national comparative risk assessment of 84 behavioural, environmental and occupational, and metabolic risks or clusters of risks, 1990-2016: a systematic analysis for the Global Burden of Disease Study 2016. In: The Lancet, Vol. 390, Nr. 10100, S. 1345-1422. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/28919119?dopt=Abstract