Vorhofflimmern ist eine der häufigsten Herzrhythmusstörungen weltweit. Patienten mit Vorhofflimmern weisen ein fünffach erhöhtes Risiko für Schlaganfälle auf – jeder dritte bis vierte Schlaganfall ist mit Vorhofflimmern assoziiert. Zur Prophylaxe werden orale Vitamin K-Antagonisten (OAK, z.B. Marcumar®, Sintrom®) eingesetzt. Sie sind allerdings nicht unproblematisch wegen der schlechten Steuerbarkeit der Therapie und der Notwendigkeit eines engmaschigen Monitorings, um den „International Normalized Ratio“ (INR)-Wert im therapeutischen Zielbereich (empfohlen: 2,0 bis 3,0) zu halten. Dies führt dazu, dass nur circa 55 % der behandelten Patienten auch die notwendige Antikoagulation erhalten bzw. viele Patienten mit Vorhofflimmern unbehandelt bleiben. Anstelle der Vitamin K-Antagonisten kommen unter anderem Faktor IIa- und Faktor Xa-Inhibitoren als Alternative in Frage.
Nach dem Thrombinhemmer Dabigatran (RELY-Studie1) und dem Faktor-Xa-Hemmer Rivaroxaban (ROCKET-AF-Studie2) wurde mit Apixaban ein weiterer Faktor-Xa-Inhibitor in einer großen Studie mit dem Vitamin-K-Antagonisten (VKA) Warfarin als Standard verglichen.
Die Ergebnisse der „Apixaban for reduction in stroke and other thromboembolic events in Atrial Fibrillation“ (ARISTOTLE)-Studie, wurden kürzlich im New England Journal of Medicine veröffentlicht3. Dabei wurde bei Patienten mit Vorhofflimmern und mit mindestens einem weiteren Risikofaktor für Schlaganfall Apixaban (5 mg zweimal täglich, 9120 Patienten) gegenüber der OAK (dosisangepasstes Warfarin, Ziel-INR: 2-3, 9081 Patienten) in einer Doppelblindstudie verglichen.
Folgende Risikofaktoren wurden berücksichtigt:
a) Alter ≥ 75 Jahre,
b) Zustand nach Schlaganfall, TIA oder systemischer Embolie,
c) Symptomatische Herzinsuffizienz in den letzten 3 Monaten oder linksventrikuläre Ejektionsfraktion von ≤ 40%,
d) Diabetes mellitus,
e) Hypertonus, der eine medikamentöse Therapie erfordert.
Der primäre Endpunkt der Studie war das Auftreten eines ischämischen oder hämorrhagischen Schlaganfalls oder einer systemischen Embolie. Neben der Gesamtsterblichkeit wurde die Herzinfarktrate als sekundärer Endpunkt festgelegt. Der Haupt-Sicherheitsendpunkt war das Auftreten von schweren Blutungen. Der zweite Sicherheitsendpunkt umfasste zusätzlich minderschwere klinisch relevante Blutungen.
Als primäres Studienziel sollte untersucht werden, ob Apixaban nicht schlechter als Warfarin zur Prävention von Schlaganfall und systemischer Embolie ist (Nachweis der “Nicht-Unterlegenheit”). Wichtige sekundäre Ziele waren der Nachweis der Überlegenheit gegenüber Warfarin bezüglich des primären Endpunktes sowie der Häufigkeit von schweren Blutungen und der Gesamtsterblichkeit.
Die Rekrutierung der Patienten erfolgte in 1034 Zentren in 39 Ländern in der Zeit vom 19.12.2006 bis 2.4.2010. Der Median des Alters betrug 70 Jahre, 31,2% der Patienten war 75 Jahre oder älter, der Frauenanteil betrug 35,3%. Patienten mit einer Niereninsuffizienz (Kreatin > 2.5 mg/dl) wurden ausgeschlossen. Der CHAD2 Score betrug im Mittel 2,1 ± 1,1. Etwa jeweils ein Drittel der Patienten wies einen Score von 1, 2 oder ≥ 3 auf. Die Teilnehmer litten zu 87,4% unter behandeltem Hypertonus, zu 35,5% unter Herzinsuffizienz und zu 25,0% unter Diabetes. Der Anteil der Patienten mit Schlaganfall, TIA oder systemischer Embolie betrug 19,4%. In der Apixaban Gruppe brachen 25.3% und in der Warfarin Gruppe 27.5% der Teilnehmer die Therapie vorzeitig und dauerhaft ab. Der Median für die Nachbeobachtungszeit betrug 1,8 Jahre.
Die jährliche Rate primärer Endpunkte (ischämische und hämorrhagische Schlaganfälle, systemische Embolien) war in der Apixaban-Gruppe signifikant um 21% niedriger (p=0,01) als in der Warfarin-Gruppe (1,27 versus 1,60 Prozent). Im Wesentlichen wurde die Rate an hämorrhagischen Schlaganfällen reduziert (um 49%, 0,34 versus 0,47 Prozent, p<0,001), nicht jedoch die Rate an ischämischen oder unbestimmten Schlaganfällen (0,97 versus 1,05 Prozent, p=0,42). Die Häufigkeit von schweren Blutungen wurde um 31% (2,13 versus 3,09 Prozent, p<0,001), die von schweren und minderschweren klinisch relevante Blutungen um 32% (4,07% versus 6,01%,, p<0,001) reduziert. Die Gesamtsterblichkeit betrug in der Apixaban-Gruppe 3,52% pro Jahr, in der Wafarin-Gruppe 3,94% pro Jahr (Reduktion um 11%, p=0,047). Die Überlegenheit von Apixaban gegenüber Warfarin war konsistent in allen zuvor stratefizierten Untergruppen.
Fazit
Zur Schlaganfallprophylaxe bei Vorhofflimmern ist Apixaban der üblichen oralen Antikoagulation mit Vitamin K Antagonisten überlegen. Apixaban senkt effektiver als Warfarin das Schlaganfallrisiko, gleichzeitig ist das Risiko für intrazerebrale Blutungen deutlich niedriger. Apixaban ist der erste Wirkstoff der neuen Antikoagulantien, der in einer Studie die Gesamtmortalität signifikant senkt.
Würden 1000 Patienten mit Vorhofflimmern 1,8 Jahre lang mit Apixaban statt mit Warfarin behandelt, ließen sich dadurch sechs Schlaganfälle, 15 schwere Blutungen und acht Todesfälle verhindern.
Literatur
- Connolly SJ, Ezekowitz MD, Yusuf S, et al. Dabigatran versus warfarin in patients with atrial fibrillation. N Engl J Med. 2009;361(12):1139-51.
- Patel MR, Mahaffey KW, Garg J, et al. Rivaroxaban versus warfarin in nonvalvular atrial fibrillation. N Engl J Med 2011. DOI: 10.1056/NEJMoa1009638.
- Granger CB, Alexander JH, McMurray JJ, et al. Apixaban versus Warfarin in Patients with Atrial Fibrillation. N Engl J Med 2011; 365:981-992.