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Ansätze, um den Zusammenhang zwischen dem Obst- und Gemüsekonsum und der Gesamtmortalität zu quantifizieren [85]

Der tägliche Verzehr von Obst und Gemüse gehört zu den Schlüsselkomponenten einer präventiven-gesunden Ernährung (1). So unwidersprochen dieser Grundsatz im Allgemeinen ist, so unterschiedlich fallen im Detail die Empfehlungen für die täglich nötige Verzehrmenge aus, um Krankheit und frühen Tod vermeiden zu helfen.

Eine jetzt im British Medical Journal publizierte Metaanalyse beschäftigt sich mit der Frage, ob sich eine Dosis-Wirkung-Beziehung zwischen einem erhöhten Obst- und Gemüseverzehr und einem verminderten Sterblichkeitsrisiko beschreiben lässt (2).

Diese von Frank B. Hu geleitete, internationale Autorengruppe von der Harvard School of Public Health, Boston und der School of Public Health, Shandong University, China werteten dafür Ergebnisse von 16 einschlägigen, prospektiven Kohortenstudien aus den USA (n=6), Europa (n=6) und Asien (n=4) aus. Unter den insgesamt 833.234 eingeschlossenen Studienteilnehmern traten in der Follow-up-Periode mit einer Bandbreite zwischen 4,6 bis 26 Jahren  56.423 Todesfälle  auf, 11. 512 davon bedingt durch Herz-Kreislauf-Erkrankungen und 16.817 davon verursacht durch Krebs.

Die Datenanalyse der Sterbefälle bestätigte erwartungsgemäß, dass ein höherer Verzehr  von Obst und Gemüse signifikant mit einem geringeren Risiko für die Gesamtmortalität, also die Wahrscheinlichkeit, mit der ein Studienteilnehme durch Tod aus dem Studienkollektiv ausscheidet, verbunden ist.

Mit einer zusätzlichen gemischten Portion Obst und Gemüse oder einer zusätzlichen reinen Gemüseportion am Tag konnte die allgemeine Sterbewahrscheinlichkeit durchschnittlich um 5 %, d.h. 2.111 vermeidbare Sterbefälle, reduziert werden, um 6% mit einer reinen Obstportion (3). Eine Portion Gemüse ist dabei standartgemäß mit 77 g und eine Portion Obst mit 80 g definiert.

Verglichen mit Probanden, die überhaupt kein Obst und Gemüse verzehrten, sank die allgemeine Sterbewahrscheinlich bei Studienteilnehmern mit zusätzlichem Obst- und Gemüsekonsum wie folgt: um 8% mit einer zusätzlichen Portion Obst und Gemüse pro Tag, um 15 % mit zusätzlich zwei Portionen pro Tag, um 21 % mit drei zusätzlichen Portionen pro Tag, um 24 % mit vier zusätzliche Portionen pro Tag und um 26 % mit fünf zusätzlichen Portionen pro Tag.

Die kardiovaskuläre Mortalitätsrate reduzierte sich durch jede zusätzliche Obst- und Gemüseportion am Tag durchschnittlich um 4 %, d.h. 276 vermeidbare Sterbefälle  (mit einer an Obst und Gemüse gemischten Portion und mit Gemüse allein um 4% und durch zusätzliches Obst allein um 5 %).

Die Wahrscheinlichkeit, an Krebs zu sterben, sank mit jeder zusätzlichen Portion Obst und Gemüse am Tag durchschnittlich um 3 %, d.h. 322 vermeidbare Sterbefälle, und für Obst und Gemüse getrennt um jeweils 1 %. Mehrere in der Metaanalyse ausgewertete Studien zeigen allerdings keinen signifikanten Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Obst oder Gemüse und der Krebsmortalität bzw. uneinheitliche Ergebnisse, insbesondere für hormonabhängige Krebserkrankungen wie Brust-und Prostatakrebs. Bedingt durch diese Befunde sehen die Autoren der Metaanalyse bislang keine nennenswerte Verbindung zwischen dem Obst- und Gemüsekonsum und dem Gesamtkrebsrisiko, schließen jedoch gleichzeitig nicht aus, dass künftige Studien einen signifikanten Zusammenhang zwischen spezifischenObst-und Gemüsesorten und bestimmter Krebsarten ermitteln könnten.

Mit fünf Portionen Obst und Gemüse am Tag sei die maximale Wirkung und auch die Grenze ihrer günstigen Auswirkung auf die Sterbewahrscheinlichkeiten erreicht; darüber hinaus verzehrte Mengen wirken sich nicht weiter hilfreich aus. Möglicherweise sei, so die Wissenschaftler, die Aufnahme- und Verdauungskapazität der Probanden mit fünf Portionen ausgeschöpft.

Insbesondere diese Annahme eines  Schwellenwertes in der Assoziation zwischen Obst- und Gemüseverzehr und Sterbewahrscheinlichkeit wird in Fachkreisen kontrovers diskutiert. Eine am University College London (UCL) unmittelbar vor der Metaanalyse von Frank B. Hu durchgeführte Studie am University College London (UCL) liefert widersprechende Ergebnisse (4). In der britischen Analyse sind Daten von  65.226 Probanden im Alter von 35 + Jahren ausgewertet, die im Gesundheitssurvey zur Ernährungslage in England  zwischen 2001 und 2008 gesammelt wurden. Die Studienautoren gehen davon aus, dass sich mit sieben und mehr Portionen von Obst und Gemüse täglich das allgemeine Sterberisiko um bis zu 42 % reduzieren lässt.Auch sei das kardiovaskuläre Sterberisiko um bis zu 31 % (bei sieben und mehr zusätzlichen Portionen Obst und Gemüse) und das Krebssterberisiko um bis zu 25 % (bei fünf zusätzlichen Portionen Obst und Gemüse) bei Personen zu mindern, die sonst weniger als eine Portion am Tag konsumieren.

Der günstigste Effekt stelle sich dabei beim Gemüsekonsum ein; der Verzehr von einer zusätzlichen Portion frischem Gemüse am Tag senke das Risiko der Gesamtmortalität durchschnittlich um 16 %, Salat verminderte die allgemeine Sterbewahrscheinlichkeit um durchschnittlich 13% und frisches Obst um 4%. Allerdings könne der regelmäßige Konsum von verarbeitetem Obst die Gesamtmortalität um bis zu 17 % erhöhen.

Gründe für diese Diskrepanzen in den Empfehlungen für eine optimale, gesundheitsförderliche Tagesration von Obst und Gemüse könnten in der heterogenen Zusammensetzung der Datenbanken und auch in der Methodik der Datenerhebungen liegen. Mehrdeutige Aussagen ergeben sich z.B. aus unterschiedlich konzipierte Fragebögen, die ernährungsbegleitende Lebensstilfaktoren wie etwa Bewegung, Rauchen und Alkoholkonsum erfassen. Abweichungen bestehen auch im Verständnis, welche Produkte den Oberbegriffen Obst und Gemüse zuzurechnen und wie Frisch- und Tiefkühlkost sowie Konserven in Relation zueinander zu bewerten sind.

Die Diskussionen um die optimalen Mengen werden zunächst noch wissenschaftsintern geführt, denn auch nach Einschätzung der Autoren der Metaanalyse liegt der durchschnittliche Verzehr von Obst und Gemüse in der allgemeinen Bevölkerung noch weit unter fünf Portionen pro Tag (5, 6). Trotz aller noch bestehenden Unterschiede in der Bewertung bestätigen alle Studien, dass der tägliche Verzehr von Obst und Gemüse mit dazu beiträgt, Gesundheit zu erhalten.

Zum Weiterlesen:

  1. Empfohlen wird der tägliche Verzehr von mindestens 200g Obst (2 – 3 Portionen) und 200g Gemüse (2 – 3 Portionen). Weiter dazu unter Assmann – Stiftung für Prävention. Präventive Ernährung. Abrufbar über https://www.assmann-stiftung.de/praevention/lebensstil/wissenschaftliche-empfehlungen/praventive-gesunde-ernahrung/ sowie die Richtwerte der WHO, abrufbar überhttp://www.who.int/dietphysicalactivity/fruit/en/index2.html
  2. X. Wang et al. Fruit and vegetable consumption and mortality from all causes, cardiovascular disease, and cancer: systematic review and dose-response meta-analysis of prospective cohort studies. In: BMJ 2014; 349 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.g4490 (Published 29 July 2014)
  3. Vgl. (2), Tabelle 3
  4. O. Oyebode et al. Fruit and vegetable consumption and all-cause, cancer and CVD mortality: analysis of Health Survey for England. In: J Epidemiol Community Health doi:10.1136/jech-2013-203500.
  5. Vgl. den zusammenfassenden Kommentar zu den kritischen Einwänden der in (2) enthaltenen Analysen von W. Bao. Authors’ reply on the systematic review and does-response meta-analysis of fruit and vegetable consumption in relation to mortality. In: BMJ 2014; 349 doi: http://dx.doi.org/10.1136/bmj.g4490. (Response 20.08.2014). Abrufbar über: http://www.bmj.com/content/349/bmj.g4490/rr/762968
  6. Nach Einschätzung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) erreicht der Großteil der Bevölkerung in Deutschland nicht die wünschenswerten Mengen an Gemüse und Obst. Vgl. Ein hoher Gemüse- und Obstverzehr fördert die Gesundheit. DGE stellt wissenschaftliche Datenlage vor. 01/2012. Abrufbar über http://www.dge.de/modules.php?name=News&file=print&sid=1224.Abrufbar über http://www.bmelv-statistik.de/index.php?id=139&stw=Verbrauch Vgl. ebenso: Zahl der Woche. Abrufbar über www.bmelv.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/2013/232-Zahl-der-Woche-Obstverbrauch.htmlWeniger als ein Fünftel dieses Obstes stammte aus inländischer Erzeugung. Klimabedingt lassen sich viele Arten in Deutschland nicht anbauen – die “Exoten” werden importiert. Die heimische Obsternte von Äpfeln, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Mirabellen, Erdbeeren und Beerenobst belief sich im Anbau für den Markt 2012 auf insgesamt 1.255.815 Tonnen. Obst liefert dem Körper wichtige Vitamine, Mineralstoffe und sekundäre Pflanzenstoffe und sollte ein fester Bestandteil der Ernährung sein.
    Auszug: 105 Kilogramm Obst hat jeder Bürger in Deutschland im vergangenen Jahr verbraucht (Obst in verarbeiteten Produkten mit eingerechnet).Der Apfel ist nach wie vor die beliebteste Obstsorte mit einem jährlichen Pro-Kopf-Verbrauch von 25,9 Kilogramm, gefolgt von der Banane mit einem Pro-Kopf-Verbrauch von 10,5 Kilogramm. Von den verschiedenen Arten an Zitrusfrüchten wurden zusammen 36,7 Kilogramm pro Kopf konsumiert. Insgesamt wurden im Wirtschaftsjahr 2011/12 in Deutschland 8.668.000 Tonnen Obst verbraucht.
    Die DGE-Stellungnahme Gemüse und Obst in der Prävention ausgewählter chronischer Krankheiten (2012) wird derzeit überarbeitet. Aktuelle Daten zum Verbrauch von Obst und Gemüse in Deutschland enthalten die Webseiten des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft. Vgl. Statistiken und Berichte.

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