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Schlafstörungen beeinflussen die Blutfettwerte ungünstig [154]

Zu wenig geschlafen oder zu lange geschlafen? Schlafstörungen über einen längeren Zeitraum hinweg können chronische Leiden auslösen, diese verstärken und die Lebenserwartung verkürzen. Sie beeinflussen unter anderem neben dem Blutzucker auch die Blutfettwerte ungünstig und versetzen das Immunsystem in Alarmbereitschaft. Die Auswirkungen sind bislang unterschätzt worden. Experten gehen jetzt im Fachjournal Nature davon aus, dass ein großes Schlafdefizit im Körper Abwehrreaktionen hervorrufen kann, die in der Schwere den Folgen eines Traumas ähneln. Dagegen schützte erholsamer Schlaf den Stoffwechsel und sollte daher künftig in der Prävention eben solche Beachtung finden wie etwa der gesunden Ernährung und der moderaten Bewegung beigemessen wird. Die optimale Schlafdauer fällt für jeden Menschen unterschiedlich lang aus.


Wissenschaftliche Details

Deutschland wird ein chronisches Schlafdefizit und eine Art sozialer Jetlag bescheinigt (1). Rund neun Prozent der Deutschen schlafen weniger als sechs Stunden und damit im Schnitt zu wenig. Kurzer Schlaf gilt Berufstätigen in verantwortlichen Positionen oft auch als ein Zeichen permanent hoher Leistungsbereitschaft und als nicht veränderungsbedürftig. In der Folge häufen sich Herz- und Kreislauferkrankungen, Bluthochdruck, Typ-2 Diabetes, Fettleibigkeit und Krebs sowie Sepsis und Unfälle.  Zudem kann fehlender Schlaf die Sterblichkeit geschätzt um bis zu 13 Prozent erhöhen (2). Eine jüngste Publikation im Fachblatt Nature fügt der Liste von Schädigungen aufgrund von Schlafdefiziten neue Details hinzu und lenkt dabei die Aufmerksamkeit auf das Cholesterin (3).

Veränderte Cholesterinwerte aufgrund von Schlafmangel
Den Ausgangspunkt bildete ein Experiment im Schlaflabor.
14 erwachsene Teilnehmer hatten sich bereit erklärt, an fünf Tagen hintereinander lediglich nur vier Stunden zu schlafen. Schon allein diese, auf ein relativ  kleines Zeitfenster beschränkte Schlafverkürzung hinterließ sichtbare Spuren im Blut. Neben den Entzündungssignalen veränderte sich auch der Fettstoffwechsel; insbesondere fielen die HDL-Cholesterinwerte bei den Kurzschläfern niedriger aus als bei den 7 Vergleichspersonen. Vergleichende Analysen aus zwei bevölkerungsbasierten Langzeitstudien aus Finnland (DILGOM und YFS) ergaben unter auch natürlichen Bedingungen eine Verbindung zwischen dem Fettstoffwechsel und dem Schlafmangel.  Ein Schlafdefizit über einen längeren Zeitraum hinweg ging einerseits mit verminderten HDL-Cholesterin-Werten einher und löste andererseits gehäuft Entzündungsreaktionen aus.
Ein Abgleich der Aktivität von Genabschnitten, die in peripheren Makrophagen den Cholesterintransport regeln, belegte zudem erstmals, dass diese bei Schlafmangel weniger aktiv sind. Das Schlafdefizit beeinträchtigte also nicht nur, wie in Vorläuferuntersuchungen bereits aufgezeigt, den Glukosestoffwechsel, sondern auch den Cholesterinumsatz in Zellen. Da ein vermindertes HDL-Cholesterin und häufig  auftretende Entzündungsreaktionen in den Gefäßen auf eine wachsende Gefahr für Arteriosklerose und damit auch für den Herzinfarkt und den Schlaganfall hinweisen, wird verkürzter Schlaf nach Ansicht der Experten zum maßgeblichen  Risikofaktor für kardiometabolische Erkrankungen. Im Unterschied zum Schlafexperiment war für die 2.739  Studienteilnehmer eine verkürzte Schlafdauer nicht einheitlich vorgegeben, sondern individuell verschieden aus den persönlichen Befindlichkeiten ermittelt worden. Fragen, etwa wie häufig der Schlaf unterbrochen, ob er als ausreichend oder als defizitär empfunden worden war, standen dabei im Vordergrund.

Unterschiedlich langes Schlafbedürfnisse
Dieses Konzept berücksichtigte, dass Menschen per se unterschiedlich lange Schlafzeiten benötigen, um sich ausgeruht und fit zu fühlen. Ausschlaggebend ist letztendlich neben der Veranlagung für die ausreichende Schlafdauer auch deren Qualität.
Nicht immer belasten relativ kurze Schlafzeiten das Herz und die Gefäße. Natürliche Kurzschläfer können auch mit weniger als sechs Stunden Schlaf herzgesund leben, wenn er denn erholsam ausfällt.  Zu ausgedehnter Schlaf, d.h. dauerhaft mehr als zehn Stunden täglich gelten in der Regel als gestört und können auch bei Langschläfern ein Hinweis auf bevorstehende Herzleiden sein (4).

Naturvölker schlafen weniger und besser bei niedrigen Temperaturen
Bevölkerungsgruppen, die auch heute noch nicht über elektrisches Licht verfügen und im natürlichen  Tag- und Nachtrhythmus leben, brauchen im Schnitt weniger Schlaf als die Bewohner der technisierten Welt (5). So schlafen Menschen in abgelegenen Gebieten von Namibia, Tansania und Bolivien  durchschnittlich nur 7,1 Stunden, in Hitzeperioden sogar nur 5,7 Stunden. Ihr natürlicher ungestörter Tagnachtrhythmus hängt weniger vom Tageslicht ab, sondern von den Schwankungen der Umgebungstemperatur. Fällt diese ab, wächst das Bedürfnis nach Schlaf.
Wissenschaftler sehen in diesem Verhalten einen Anhaltspunkt, die Schlafqualität über niedrige Temperaturen im Schlafzimmer regulieren zu können.


Zum Weiterlesen

(1) Deutsche Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) e.V. (2016): 24. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) e.V. 1. – 3. Dezember 2016. Dresden. Online unter http://events.conventus.de/index.php?id=8400

(2) M. Hafner et al. (2016): Why sleep matters – the economic costs of insufficient sleep. A cross-country comparative analysis. In: RAND Europe. Online unter http://www.rand.org/content/dam/rand/pubs/research_reports/RR1700/RR1791/RAND_RR1791.pdf

(3) V. Aho et al. (2016): Prolonged sleep restriction induces changes in pathways involved in cholesterol metabolism and inflammatory responses. In: Scientific Reports, Vol. 6, Nr. 24828. Online unter http://www.nature.com/articles/srep24828

(4) L. Strand et al. (2015): Self-reported sleep duration and coronary heart disease mortality: A large cohort study of 400,000 Taiwanese adults. In: International Journal of Cardiology, Vol. 207, S. 246–251. Online unter https://www.internationaljournalofcardiology.com/article/S0167-5273(16)30010-9/fulltext

(5) G. Yetish et al. (2015): Natural Sleep and Its Seasonal Variations in Three Pre-industrial Societies. In: Current Biology, Vol. 25, Nr. 21, S. 2862–2868. Online unter https://www.cell.com/current-biology/fulltext/S0960-9822(15)01157-4?_returnURL=https%3A%2F%2Flinkinghub.elsevier.com%2Fretrieve%2Fpii%2FS0960982215011574%3Fshowall%3Dtrue

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