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Resilienz erzeugen – Zur biochemischen Vorbeugung von posttraumatischen Belastungsstörungen bei Kindern [32]

Extremer Stress im Kindesalter kann zu einer dauerhaften epigenetischen Veränderung führen. Je schlimmer das Trauma, desto grösser ist das Risiko, an einer posttraumatischen Belastungsstörung zu erkranken, doch nicht für alle Kinder gleichermaßen. Nur wer die genetische Veranlagung in sich trägt, ist tatsächlich gefährdet. Einer Münchner Forschergruppe um Torsten Klengel ist es erstmals gelungen, die Gensequenz genau zu bestimmen, die beeinflusst, ob und wie stark Stress bei Kindern irreversible Spuren in der DNA hinterlässt.

Die Wissenschaftler vom Max Planck – Institut für Psychiatrie untersuchten dafür das Erbmaterial von 1963 Afro-Amerikanern aus dem Grady trauma projects, einer großen amerikanischen Studie, die den Einfluss von frühen Traumatisierungen auf das spätere Krankheitsrisiko dokumentiert. Ein Drittel der früh Traumatisierten war erkrankt.  Im Unterschied zu den Trägern von Genvarianten, die vor stressvermittelnden Mechanismen geschützt blieben, wurde bei diesen Probanden die  frühe Stressreaktion fest gespeichert und das Stresshormonsystem später falsch reguliert.

Torsten Klengels Gruppe fand in einer aufwendigen biochemischen Analyse den Schalter für den Ablauf im individuellen genetischen Profil.  Extremer Stress spalte in der DNA der Risikogruppe eine Methylgruppe ab und hyperaktiviert damit das Hilfsmolekül FKBP5. FKPB5 bestimmt, wie nachhaltig der Organismus auf Stresshormone reagieren kann, und reguliert über das Stresshormon Cortisol das gesamte Stresshormonsystem.

Die biochemische Veränderung im genetischen Gedächtnis lasse sich nur bei Menschen mit Kindheitstraumatisierungen nachweisen. Sie bleibe dauerhaft bestehen und birgt in sich das hohe Risiko, bei Folgebelastungen psychisch und physisch schwer zu erkranken. Bislang ist nicht untersucht, ob die biomolekulare Schwächung des Stresssystems auch an die Kinder der erkrankten Traumapatienten weiter vererbt wird.

Durch die präventive Gabe von entsprechenden Medikamenten unmittelbar nach dem Stresserlebnis könnten posttraumatischer Belastungsstörungen bei Risikokindern verhindern werden.

Torsten Klengels Ergebnisse  reichen über diesen pharmakologischen Ansatz jedoch weit hinaus. Die Fachwelt würdigt seine Entdeckung als einen ersten plausiblen molekularen Beleg für die Wechselwirkung zwischen Erbgut und Umwelt. Und damit wäre auch für die Präventivmedizin ein neues Tor geöffnet.


Zum Weiterlesen

  1. Torsten Klengel Divya Mehta, Christoph Anacker, Monika Rex–Haffner, Jens C. Pruessner, Carmine M. Pariante, Thaddeus W.W. Pace, Kristina B. Mercer, Helen S. Mayberg, Bekh Bradley, Charles B. Nemeroff, Florian Holsboer, Christine M. Heim, Kerry J. Ressler, Theo Rein, and Elisabeth B. Binder:  Allele-specific FKBP5 DNA demethylation mediates gene–childhood trauma interactions.  In: Nature Neuroscience 16, 33-41 (2013) doi:10.1038/nn.3275 Published online 02 December 2012
  2. Moshe Szyf: How do environments talk to genes?  In: Nature Neuroscience 16, 2–4 (2013) doi:10.1038/nn.3286 Published online 21 December 2012

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