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Ernährungsmuster gegen Gicht bei Männern [185]

Gicht entsteht aus Ablagerungen von Harnsäurekristallen in Gelenken oder in gelenknahen Geweben in der Folge eines zu hohen Harnsäurespiegels im Blut. Geschätzt 1‑2 % der Erwachsenen in Deutschland leiden an der Erkrankung, schon jeder fünfte an einer Vorstufe und dies mit steigender Tendenz (1). Dabei sind Männer wesentlich häufiger betroffen als Frauen.

Bostoner Rheumatologen beschreiben jetzt im Ergebnis einer Beobachtungsstudie bei 44.444 US‑amerikanischen erwachsenen Männern, dass und wie ein komplex verändertes Ernährungsverhalten helfen kann, Gicht zu vermeiden (2). Die Praxis eines auch blutdrucksenkenden Ernährungsstils, der reichlich Obst und Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte, fettarme Milchprodukte und Vollkorn bevorzugte und auf zu viel Salz, gesüßte Getränken sowie auf rote und verarbeitete Fleischsorten verzichtete, waren mit einen um bis zu einem Drittel verringerten Risiko für Gicht verbunden. Hingegen hatte eine Kost mit viel rotem und verarbeitetem Fleisch, Pommes frites, Süßigkeiten und Desserts den Harnsäurespiegel im Blut und damit auch die Gefahr für Gicht um bis zu 40 % ansteigen lassen. Da Herz- und Gefäßerkrankungen die Gicht häufig begleiten, sehen die Bostoner Wissenschaftler in der Ernährungsumstellung einen attraktiven Ansatzpunkt zur Prävention beider Gruppen von Erkrankungen.


Wissenschaftliche Details

Gicht ist die häufigste entzündliche Gelenkerkrankung. Sie tritt weltweit immer häufiger auf, zunehmend auch in Verbindung mit kardiovaskulären Erkrankungen (3). Geschätzt leiden rund drei Viertel der Gicht‑Patienten ebenso an Bluthochdruck und knapp zwei Drittel am Metabolischen Syndrom, also an der Kombination von Bluthochdruck, zu hohen Blutzucker- und Blutfettwerten sowie krankhaftem Übergewicht und dessen Folgen. Gicht wird durch zu viel Harnsäure im Blut verursacht, lässt sich jedoch unter anderem durch eine Ernährungsumstellung beeinflussen. Harnsäure ist ein Abbauprodukt der in Zellkernen enthaltenden Purine. Klassisch wird Menschen mit erhöhten Harnsäurewerten im Blut eine purinarme Kost empfohlen: wenig Fleisch, keine Krustentiere und Innereien, Meidung von Hülsenfrüchten.

Jedoch, so konstatierten Bostoner Rheumatologen jetzt im British Medical Journal, führt eine eiweißreduzierte Kost im Alltag oft zum höheren Verzehr von raffinierten Kohlenhydraten einschließlich Fruktose und ungesunden Fetten inklusive der Transfettsäuren, die dann die Gicht begleitenden kardiovaskulären Erkrankungen verschlimmern. Die Wissenschaftler suchten daher nach einem Ernährungsmuster, das im Ansatz geeignet ist, Arthritis und Herz- und Gefäßerkrankungen gleichermaßen zu vermeiden.

Dabei fiel die Wahl auf die Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH)‑Diät, mit deren Hilfe es Patienten in Vorläuferstudien schon gelang, sowohl den Bluthochdruck als auch den Harnsäurespiegel im Blut zu reduzieren (4;5). Das DASH‑Ernährungsmuster bevorzugt Früchte, Gemüse, Nüsse und Hülsenfrüchte sowie fettarme Milchprodukte und Vollkorn und verzichtet auf zu viel Salz und gesüßte Getränke sowie auf rotes und verarbeitetes Fleisch. Es bildet einen Gegenentwurf zum sogenannten westlichen Ernährungsmuster, bei dem rotes und verarbeitetes Fleisch, Pommes frites, Süßigkeiten und Desserts überwiegen.

Ein Vergleich der Auswirkungen einer westlichen geprägten und einer DASH orientieren Ernährungsweise auf den Harnsäurespiegel von 44.444 erwachsenen Männern aus der Health Professionals Follow-up-Studie über 26 Jahre hinweg erlaubte Rückschlüsse auf das Gichtrisiko. Über die 26 Jahre Beobachtungszeit hinweg wurden 1.731 Gichtfälle beim Amerikanischen College für Rheumatologie gemeldet, die eindeutig mit dem jeweiligen Ernährungsstil der Männer im Zusammenhang standen. Studienteilnehmer, die die Komponenten der DASH‑Ernährungsmusters am konsequentesten umsetzten, hatten einen geringeren Harnsäurespiegel und daher ein um bis zu einem Drittel geringeres Risiko für Gicht im Vergleich zu denjenigen, die die DASH‑Regeln nicht anwendeten [1]. Umgekehrt waren die Vertreter des westlichen Ernährungsstiles einer wesentlich höheren Gefahr für die Gichterkrankung ausgesetzt [2].

Die Verbindung zwischen dem Ernährungsstil und dem Risiko für Gicht blieb in der Auswertung unabhängig von allen anderen Faktoren, die auch den Harnsäurespiegel beeinflussen können, wie beispielsweise das Alter, Bluthochdruck, Nierenversagen, diuretische Medikamenteneinnahme, der Alkohol- oder Kaffeekonsum. Für die Bostoner Wissenschaftler ist daher eine Ernährung, die überwiegend auf Obst, Gemüse, Nüssen, fettarmen Milchprodukten und Vollkorn beruht, ein attraktiver Präventionsansatz für Risikogruppen, um das Risiko für Gicht und ihre kardiovaskulären Begleiterkrankungen gleichermaßen zu verringern.


Zum Weiterlesen

(1) L. Anneman et al. (2007): Gout in the UK and Germany: prevalence, comorbidities and management in general practice 2000–2005. In: Annals of Rheumatic Diseases, Vol. 67, S. 960–6. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC2564789/. Vgl. auch Literaturangabe (3), Figure 1.

(2) S.K. Rai et al. (2017): The Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) diet, Western diet, and risk of gout in men: prospective cohort study. In: British Medical Journal, Vol. 357. Online unter http://www.bmj.com/content/357/bmj.j1794

(3) C. Kuo et al. (2015): Global epidemiology of gout: prevalence, incidence and risk factors. In: Nature Reviews Rheumatology, Vol. 11, S. 649–62. Online unter https://www.nature.com/nrrheum/journal/v11/n11/full/nrrheum.2015.91.html.

(4) F.M. Sacks et al. (2010): Dietary therapy in hypertension. In: The New England Journal of  Medicine, Vol. 357, S. 2102-12. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/20519681

(5) S.P. Juraschek et al. (2016): Effects of the Dietary Approaches to Stop Hypertension (DASH) Diet and Sodium Intake on Serum Uric Acid. In: Arthritis & Rheumatology, Vol. 68, Nr. 12, S. 3002-9. Online unter https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/27523583

Fußnote

[1] Vgl. (2). Relatives Risiko für das obere Fünftel: 0,68, 0,57 bis 0,80, P= Trend <0,001

[2] Vgl. (2). Relatives Risiko für das obere Fünftel: 1,42, 1,16 bis 1,74, P = 0,005

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