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3D-Computersimulation des Herzens im Einsatz in der Prävention des plötzlichen Herztodes nach einem Herzinfarkt [126]

Wer den Herzinfarkt überlebt, bleibt gefährdet, auch weil nachfolgende Störungen des Herzrhythmus dann immer noch zum Tode führen können. Messpunkte, die die drohende Gefahr für diese lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen individuell und verlässlich vorab signalisieren, gibt es bislang noch nicht. Wissenschaftler haben jetzt an drei-dimensionalen Computermodellen von infarktgeschädigten Herzen getestet, ob eine Voraussage des Herzstillstandes digital möglich ist. Die 3D-Herzkonstruktionen beruhen auf Daten aus der Magnetresonanz-Bildgebung von realen Infarktpatienten. Sie zeigen nicht nur die individuell besonderen Umrisse des Herzgewebes auf, sondern simulieren auch die elektrophysikalischen Wechselwirkungen und die Veränderungen der Herzzellen vor und nach dem Herzinfarkt. Vergleichbar mit einem Assessmentcenter, ist jedes dieser virtuell beweglichen Herzen Belastungstests ausgesetzt worden. Im Ergebnis gelang digital eine vierfach genauere Vorausberechnung des individuellen Risikos für den Herzstillstand im Vergleich zur herkömmlichen Diagnostik.


Wissenschaftliche Details

Der Herzstillstand infolge von Herzrhythmusstörungen zählt nach wie vor zu den weltweit häufigsten Todesursachen. Nur selten lässt sich der plötzliche Herztod vorhersagen und durch vorbeugende Hilfe abwenden (1). Um die lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen auszugleichen, werden ausgewählten Patienten in Hochleistungskliniken elektrische Miniimpulsgeber implantiert. Diese Technik ist nicht nur aufwendig und teuer, sondern, da mit hohen gesundheitlichen Belastungen verbunden, auch ethisch sehr umstritten und lediglich in wenigen Fällen tatsächlich erfolgreich. Mediziner und Ingenieure der John Hopkins Universität haben jetzt in einer proof-of-concept-Studie getestet, inwieweit sich aus computersimulierten, dreidimensionalen Herzmodellen verlässliche Hinweise auf das individuelle Risiko für den Herzstillstand nach einem Herzinfarkt gewinnen lassen (2).

Aufnahmen aus der Magnetresonanztomografie von 41 Herzinfarktpatienten bildeten die Vorlage für die 3 D-Herzen. Alle Patienten waren einem hohen Risiko für den Herzstillstand ausgesetzt, den implantierte Miniimpulsgeber abwenden sollten. Sie hatten ihren Infarkt mit beschädigtem Herzgewebe überlebt.
Die virtuellen Abbilder der 41 Herzen sind mit Unterstützung von Computeralgorithmen partiell belebt worden, indem die elektrischen Wechselwirkungen zwischen den gesunden und des geschädigten Herzzellen im Gewebe nachgestellt wurden. Wie die realen Herzen auch, entwickelten 32 3 D-Herzen nach Belastungen Herzrhythmusstörungen bzw. standen still, 9 hingegen blieben hingegen stabil. Aus den virtuellen interaktiven Abläufen erstellten die Wissenschaftler einen Herz Assessment-Tool, um die Gefahr für den Herzstillstand vorab mit Hilfe von Computerdaten bewerten zu können. Ein rückblickender Abgleich mit dem tatsächlichen Krankheitsverlauf bei den realen Patienten ergab, dass das Risiko für Herzrhythmusstörungen virtuell fünfmal genauer und das Risiko für den Herzstillstand viermal genauer bestimmt werden konnte als in der herkömmlichen Diagnostik [1].

Die Wissenschaftler sehen in der Weiterentwicklung der 3 D-Simulation der Herztätigkeit die Chance für eine personalisierte Herzrisikobewertung, die langfristig dazu beitragen kann, den plötzlichen Herztod zu verhindern. Kurzfristig könnte auch eine Option eröffnet sein, durch Berechnungen mit dem Herz-Assessment-Tool unnötige Implantate von Miniimpulsgebern zu vermeiden.


Zum Weiterlesen

(1) Assmann-Stiftung für Prävention (2015): Vorhofflimmern: eine demographische Herausforderung. Online unter https://www.assmann-stiftung.de/schlaganfall-vorhofflimmern/

(2) H.J. Arevelo et al. (2016): Arrhythmia risk stratification of patients after myocardial infarction using personalized heart models. In: Nature Communications, Vol. 7, Nr. 11437. Online unter https://www.nature.com/articles/ncomms11437

Fußnote

[1] Die Risikobewertung für die 32 Patienten ebenda im Detail:
– Hazard Ratio für Herzrhythmusstörungen virtuell ermittelt: 10,4 (95% CI 1.4–79, P=0.02) klinisch ermittelt: 1.7 (95% CI 0.6–4.8, P=0.35)
– Hazard Ratio für den Herzstillstand virtuell ermittelt 8.60 (95% confidence interval 1.12–66.09, P=0.04) klinisch ermittelt 2.60 (95% confidence interval 0.72–9.32, P=0.14)

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